Neues Nachweisgesetz ab August 2022

Letzte Aktualisierung am 8. Juli 2024 von

Bild von Robert Kneschke – stock.adobe.com

Ab August 2022 erhält das sogenannte Nachweisgesetz eine Neuauflage, die zu mehr Pflichtangaben in den geltenden Arbeitsverträgen führt. Dieses Gesetz regelt die Fixierung der wesentlichen Arbeitsbedingungen im Arbeitsvertrag. Die Neufassung, die im August 2022 in Kraft tritt, erweitert nun die Pflichtangaben erheblich.

Neues Nachweisgesetz: Umsetzung einer EU-Richtlinie

Die Neufassung des Gesetzes existiert zwar mit Stand Juni 2022 erst als Entwurf, der noch vom Bundestag und vom Bundesrat bestätigt werden muss. Fachleute gehen allerdings davon aus, dass es hierfür kaum Hürden gibt, denn damit wird die EU-Richtlinie 2019/1152 umgesetzt. Diese schreibt vorhersehbare und transparente Arbeitsbedingungen vor. Daher sind die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, sie in nationales Recht umzusetzen. Da die Frist hierfür am 1. August 2022 ausläuft, müssen die deutschen Gesetzgebungsorgane dieser Pflicht bis dahin nachkommen. Das BAMS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) hat daher im April 2022 den betreffenden Gesetzesentwurf ausgearbeitet. Die Reform des NachweisG fokussiert auf die Pflichtangaben, die Arbeitgeber in ihre Arbeitsverträge aufnehmen müssen.

Vorgesehenes Bußgeld im neuen Nachweisgesetz

Für die Arbeitgeber erweitert das Gesetz nicht nur die Unterrichtungspflichten. Es erlaubt darüber hinaus auch die Verhängung eines Bußgeldes, wenn ein Arbeitgeber diesen Pflichten nicht nachkommt. Dieser Punkt ist eine wesentliche Neuerung im NachweisG. Das Bußgeld ahndet eine Ordnungswidrigkeit und kann bis zu 2.000 Euro betragen.

Welche Pflichtangaben müssen in einem Arbeitsvertrag künftig enthalten sein?

Es gibt einige neue und viele deutlich konkreter gefasste Pflichtangaben im vorliegenden Gesetzesentwurf. Dazu gehören neben der Höhe des Arbeitsentgelts auch dessen konkrete Zusammensetzung, welche die Vergütung der Überstunden und von Zuschlägen, das Gewähren von Prämien und Zulagen in konkreter Höhe, Sonderzahlungen und weitere Bestandteile exakt und getrennt voneinander benennen muss. Die Auszahlungsweise und die Fälligkeit sind ebenfalls genau zu benennen. Zur vereinbarten Arbeitszeit müssen auch Ruhepausen und -zeiten, bei Schichtarbeit der Schichtrhythmus, das Schichtsystem und Bedingungen für Schichtänderungen angegeben werden. Die Voraussetzungen für Überstunden sind zu fixieren. Ebenso gehören in die Arbeitsverträge die Dauer einer gegebenenfalls vereinbarten Probezeit, Vereinbarungen zum Arbeitsort, genaue Regelungen zur Teilzeitbeschäftigung und Bedingungen für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das Schriftformerfordernis ist künftig ebenso vertraglich festzulegen wie das einzuhaltende Verfahren durch den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer, die Kündigungsfristen und die Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Der Anspruch auf Fortbildungen muss im Vertrag ausgearbeitet werden. Die Pflicht von Arbeitgebern zum Angebot der betrieblichen Altersvorsorge bedarf ab sofort einer Formulierung in den Arbeitsverträgen. Wenn sie Arbeitnehmer ins Ausland entsenden, sind hierfür die wesentlichen Arbeitsbedingungen festhalten, wenn ein Auslandsaufenthalt über vier Wochen andauert.

Nachweisgesetz: Geltung für Alt- und Neuverträge

Die neuen Vorschriften greifen auf jeden Fall bei allen neuen Arbeitsverträgen mit Abschluss ab dem 1. August 2022. Sollte ein Arbeitnehmer allerdings verlangen, seinen schon bestehenden Arbeitsvertrag in die neue Form zu bringen, muss der Arbeitgeber dem nachkommen. Dazu ist er außerdem bei jeder Änderung im Arbeitsverhältnis verpflichtet. Für das Ausarbeiten der neuen Vertragsform gelten Fristen: Innerhalb von sieben Kalendertagen muss der Arbeitgeber für besonders wichtige und geänderte Angaben dem Arbeitnehmer eine schriftliche Vereinbarung aushändigen. Innerhalb eines Monats ist der komplette Vertrag zu überarbeiten.

Warum wurde das Nachweisgesetz geändert?

Die EU geht bei ihrer Richtlinie 2019/1152 davon aus, dass die vielen neuen Arbeitsformen Reformen nötig machen. Bislang genügten in Arbeitsverträgen wenige Pflichtangaben, die zudem viel weniger präzise formuliert wurden. Das waren etwa neben der genauen Adressierung der Vertragsparteien lediglich der Beschäftigungsbeginn, die Dauer eines befristeten Vertrages, der Arbeitsort, die Arbeitszeiten, die Urlaubstage und eine Kurzbeschreibung der Tätigkeit. Diese Regelungen des bestehenden NachweisG wurden 1991 ausgearbeitet. Seither gab es Änderungen im Arbeitsrecht und noch stärker bei den Arbeitsformen. Im deutschen Arbeitsrecht wurden beispielsweise neue Ansprüche von Arbeitnehmern im Teilzeit- und Befristungsgesetz formuliert wie die Möglichkeit, von der Teilzeit- wieder in die Vollzeitbeschäftigung zu wechseln. Hinzu kamen außerdem neue Möglichkeiten der flexiblen Beschäftigung wie im Homeoffice, durch mobile Arbeitsformen und durch eine viele freiere Arbeitszeitgestaltung. Diese kommen Arbeitgebern und -nehmern gleichermaßen entgegen, bedürfen aber einer Gesetzesgrundlage. Auch gesetzliche Ansprüche auf Fortbildungen und die bAV kamen in den letzten Jahrzehnten hinzu.

Gilt das neue Nachweisgesetz nur für Arbeitsverträge?

Nein. Es ist ein Gesetz, dass grundsätzlich definiert, wie vertragliche Nachweise im Arbeitsrecht auszugestalten sind. Doch Arbeitsverträge sind davon vorrangig bzw. überwiegend betroffen. Es gibt aber auch in den Betrieben zusätzliche Vereinbarungen. Diese können entweder künftig in die Arbeitsverträge mit einfließen oder müssen ebenfalls den Vorgaben des reformierten NachweisG folgen. Fachleute raten den Unternehmen, noch vor August 2022 die bestehenden Verträge anzuschauen, sich juristische Beratung zu holen und sich am besten zusätzlich an ihre Handwerkskammer zu wenden. Mit Stand letzte Juniwoche 2022 steht der Termin für das Inkrafttreten des reformierten Gesetzes zwar noch nicht endgültig fest, doch der 1. August ist ein stark erwartbarer Termin.

Kritik am neuen Nachweisgesetz

Natürlich gibt es auch Kritik an der Reform. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks macht Unterschiede zwischen den Vorgaben der EU-Richtlinie 2019/1152 und dem nationalen Gesetzesentwurf aus, der nach Auffassung der Verbandsvertreter über die EU-Vorgabe hinausgeht. Konkret erwähnen die Bäcker die Angaben zu Ruhepausen, die geforderte Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage sowie die geforderte Schriftform auf Papier. Im Europarecht wird die Möglichkeit eines digitalen Versands von Arbeitsverträgen eingeräumt, die der deutsche Gesetzesentwurf ausschließt. Dies sei in unserer modernen digitalen Arbeitswelt ein unglaublicher Vorgang, wie Daniel Schneider als Hauptgeschäftsführer des Bäckerverbands kritisiert. Man schaffe damit eine völlig unnötige Bürokratie. Dieser Kritik folgen Fachleute für Arbeitsrecht.

Fazit

Die Gesetzesnovelle dürfte höchstens mit wenigen Änderungen (eventuell bezüglich der kritisierten Punkte) bis spätestens Ende Juli den Bundestag und Bundesrat passieren. Betriebe müssen sich also zwingend darauf einstellen.

Aufträge gesucht? Jetzt Mitglied werden

Nach oben scrollen