Was genau gilt als Arbeitsunfall und wie geht es danach weiter?

Arbeitsunfall: Definition, Vorgehen und Lohnfortzahlung

Letzte Aktualisierung am 18. April 2024 von Mika Lehmann

Bildquelle: Halfpoint/stock.adobe.com

Gerade im Handwerk sind die mit der Arbeit verbundenen Tätigkeiten nicht immer völlig gefahrenfrei – ein Arbeitsunfall kann also schneller geschehen als man denkt. Doch, was genau fällt da eigentlich drunter, wie muss man sich verhalten und wer zahlt für einen Arbeitsunfall?

Was ist ein Arbeitsunfall?

Wichtig ist zunächst einmal zu klären, was in Deutschland überhaupt als Arbeitsunfall gilt und was nicht. Wie der Name bereits verrät, steht der Arbeitsunfall im Zusammenhang mit einer unfreiwilligen Verletzung während einer betrieblichen Tätigkeit. Das gilt gleichermaßen für: 

  • Innerbetriebliche Unfälle (bei Tätigkeiten innerhalb der Betriebsräume, z.B. bei Arbeit im Büro) 
  • Außerbetriebliche Unfälle (bei Tätigkeiten außerhalb der Betriebsräume, z.B. auf Baustellen oder Montage)
  • Wegeunfälle (während des Arbeitsweges)

Gleichzeitig bezieht sich die Begrifflichkeit des Arbeitsunfalls aber nicht nur auf Unfälle, die sich im Zuge der Arbeit ereignet haben – vielmehr muss es sich um einen Unfall im direkten Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit handeln. Dazu gehören auch:

  • Kindergartenbesuch und Ausflüge
  • Schulbesuche, Klassenfahrten, Ausflüge
  • Hochschulbesuch
  • Ehrenamtliche Tätigkeit
  • Pflege von nahen Angehörigen im eigenen Wohnhaus
  • Dienstreisen, Betriebsausflüge, Feiern oder Betriebssport

Damit ein Unfall während der betrieblichen Tätigkeit als Arbeitsunfall eingestuft werden kann, gelten folgende Voraussetzungen: 

  • Unfall geschieht zur Zeit der versicherten Beschäftigung
  • Im Zusammenhang mit der Ausführung betrieblichen Tätigkeit
  • Die Tätigkeit ist unmittelbar Grund für das Unfallereignis
  • Das Unfallereignis schadet dem Gesundheitszustand des Betroffenen oder führt zum Tod
  • Das Ereignis wirkt von außen auf den Körper ein und ist zeitlich begrenzt

Wichtig: Bei Unfällen denkt man gerne an größere Verletzungen, aber auch einen einfachen Sturz und leichte Verletzungen sollte man besser dokumentieren. Auch bei unscheinbaren Verletzungen kann sich später zum Beispiel eine Blutvergiftung zeigen. Lieber zu viel dokumentieren als zu wenig.

Steht der Unfall nicht im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit, ereignet sich aber während der Arbeitszeit oder innerhalb der Betriebsräume, also beispielsweise bei der Nahrungsaufnahme, dem Besuch der Toilette oder während der Pause, gilt er nicht als Arbeitsunfall. Sollten Schädigungen der Gesundheit in Form von Erkrankungen das Unfallereignis auslösen oder plötzliche, medizinische Ereignisse wie z.B. ein Herzinfarkt während der betrieblichen Tätigkeit auftreten, gilt das ebenfalls nicht als Arbeitsunfall. Gleiches gilt für mutwillige Eigenverletzung. Bei privaten Unfällen zahlt wie gewohnt die gesetzliche oder private Krankenversicherung.

Wegeunfall

Eine Unterform des Arbeitsunfalls ist der Wegeunfall. Dementsprechend besteht auch auf dem Weg zur Arbeit oder zurück der Versicherungsschutz. Dazu müssen jedoch einige Kriterien erfüllt sein.

Die Unfallversicherung gilt in der Regel nur auf dem direkten Hin- und Rückweg zum Betrieb beziehungsweise dem Ort, an dem der betrieblichen Tätigkeit nachgegangen wird. Abweichungen vom Weg sind nur zum Teil versichert, beispielsweise, wenn man seine Kinder während der Arbeitszeit in die Obhut anderer bringen muss, eine Fahrgemeinschaft nutzt oder noch schnell etwas im Vorbeigehen erledigt. Weicht man für eine solche nebensächliche Tätigkeit mehr als 100 Meter oder für länger als zwei Stunden vom Arbeitsweg ab, entfällt der Versicherungsschutz. Er gilt dann erst wieder bei Aufnahme des Arbeitsweges. Leichte Abweichungen wegen Unfällen, Stau oder Unwetter sind kein Problem. Auch die Fahrt zwischen Arbeitswohnung und Hauptwohnsitz zählt bei doppeltem Wohnsitz dazu.

Was tun bei einem Arbeitsunfall?

Sobald ein Arbeitsunfall eintritt, stellt sich zunächst die Frage: was nun? Das richtige Vorgehen ist nicht ganz unerheblich, denn nur dann können auch Versicherungsleistungen beansprucht und Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.

Arztbesuch oder Notdienst anrufen

Unmittelbar nach dem Arbeitsunfall muss selbstverständlich ein Mediziner besucht beziehungsweise ein Rettungsdienst gerufen und erste Hilfe geleistet werden. Bei leichten Unfällen sollte der Arbeiter jetzt einen Durchgangsarzt aufsuchen. Durch seine Spezialisierung und eine besondere Zulassung von den Landesverbänden der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung besitzt der Durchgangsarzt hier größere Aussagekraft als ein Hausarzt und kann fundierte Notizen sicherstellen, um den Unfall fachgerecht zu dokumentieren. Der nächstgelegene Arzt sollte über Aushänge immer bekannt sein. Passende Ärzte in der Nähe findest du einfach über die Suche der DGUV. Wenn noch nicht geschehen, sollte auch der Arbeitgeber informiert werden.

Dokumentation

Arbeitsunfälle sollte man immer im Verbandbuch dokumentieren. Das kann man entweder schriftlich machen oder in einer Computerdatei. Die Einträge muss man mindestens fünf Jahre aufbewahren. Die Dokumentation ist besonders wichtig, wenn Langzeitfolgen durch den Unfall entstehen.

Unfallanzeige

Für Arbeitgeber besteht dann die Meldepflicht, sobald die Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall mindestens drei Tage andauert. Zu melden ist der Sachverhalt beim zuständigen Unfallversicherungsträger oder der Berufsgenossenschaft, das geht auch online. Auch der Betriebsrat und die Fachkraft für Arbeitssicherheit sollten informiert werden.

Sollten die Verletzungen besonders schwerwiegend sein, mehrere Menschen betreffen oder zum Tod des Arbeitnehmers geführt haben, muss eine sofortige telefonische Meldung erfolgen.

Betroffene Versicherte können sich dabei direkt an Ihren Unfallversicherungsträger wenden, sofern der Arbeitgeber den Unfall nicht meldet. Eine Meldung ist vor allem wichtig, um sicherzustellen, dass sich der Unfall im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit ereignet hat. Wenn keine Meldung erfolgte, aber Spätfolgen auftreten, können Zahlungen verweigert werden.

Nach der Meldung sollte eine umfassende Unfalluntersuchung erfolgen, um den Unfallhergang und die Zusammenhänge zu ermitteln. So kann man die Wahrscheinlichkeit für zukünftige Unfälle reduzieren.

Wer zahlt für den Arbeitsunfall?

Im Fall einer temporären Arbeitsunfähigkeit von bis zu sechs Wochen, kommt es zur Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, sofern der Geschädigte seit mindestens vier Wochen im Unternehmen angestellt ist. Wichtig ist außerdem, dass die Maßnahmen zum Arbeitsschutz (z.B. in Form von Arbeitskleidung, Abläufen etc.) eingehalten wurden und dem Arbeitnehmer kein Eigenverschulden (z.B. durch einen Rauschzustand oder Missachtung von Vorschriften) nachgewiesen werden kann. 

Sobald die sechs Wochen vorbei sind, die Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitsunfall aber weiterhin besteht, kommt es zur Zahlung von Verletztengeld durch die Krankenkasse, die das Geld wiederum von der Unfallversicherung oder der Berufsgenossenschaft erhält. Die Höhe des Verletztengeldes beläuft sich auf 80 Prozent des Bruttolohns mit Abzügen für Teile der Sozialversicherung.

Um die Rehabilitation zu gewährleisten, sollte der Betroffene alle möglichen Maßnahmen beanspruchen. Ziel ist die Wiederherstellung der Arbeitskraft. Ist das im selben Beruf nicht mehr möglich, kann beispielsweise eine Umschulung nötig sein. Grundsätzlich kann der betroffene Arbeitnehmer über das Verletztengeld hinaus Kosten für die Rehabilitierungsmaßnahmen erstattet bekommen, inklusive Fahrtkosten zu den Behandlungsorten. Auch eine barrierefreie Umgestaltung des Arbeitsplatzes gehört dazu. Der Weg zurück in die Gesundheit und ins Berufsleben steht schließlich im Vordergrund.

In der Regel übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung keine Sachschäden, die beim Arbeitsunfall entstehen. Ausnahmen sind wichtige Hilfsmittel wie eine Brille oder ein Hörgerät oder Gegenstände, die bei der ersten Hilfe kaputt gehen. Kleidung muss man zum Beispiel bei der ersten Hilfe manchmal aufschneiden oder aufreißen.

Arbeitsunfälle bei der Arbeit von Zuhause

Auch bei der Arbeit von Zuhause ist man versichert, wenn der Unfall in einem Zusammenhang zur Tätigkeit steht. Fällt zum Beispiel das Internet aus und man stürzt auf dem Weg zum Router die Treppe hinunter, ist das eindeutig eine berufsbezogene Verletzung. Anders wäre es, wenn man ein privates Paket annimmt und sich dabei verletzt. Auch wenn man zum Beispiel in einem Café am Laptop arbeitet, besteht der Versicherungsschutz, wenn ein Unfall in der Arbeitszeit passiert.

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