Titandioxid rieselt von einer Hand mit Handschuh auf den Boden. Schwarzer Hintergrund.

Titandioxid: Neue Gefahrenkennzeichnung für das Baugewerbe

Für den Farbstoff Titandioxid gilt ab Oktober 2021 eine neue Kennzeichnungspflicht. Grund dafür sollen mögliche Gefahren und Folgen sein, die durch eine Aufnahme des unter anderem als Lebensmittelzusatzstoff E171 bekannten Stoffs auftreten können. Wir verraten dir hier alles, was du über das Pigment wissen musst und was seit Oktober 2021 anders ist.

Was ist überhaupt Titandioxid?

Titandioxid (TiO2) ist ein weißes Pigment, das aus Erzen und Mineralsanden gewonnen wird. Der Farbstoff hat aufhellende Eigenschaften und ist als einer der weißesten und hellsten bekannten Pigmente bekannt. Durch seine weiße Farbe und die sowohl UV-Strahlen streuenden als auch UV-beständigen Eigenschaften ist TiO2 sehr beliebt in der Industrie.

Wofür wird TiO2 verwendet?

Titandioxid findet seine Verwendung in zahlreichen Produkten unterschiedlicher Branchen. Meistens wird er benutzt, um etwas weiß zu färben oder aufzuhellen. So taucht das weiße Pigment beispielsweise unter dem Color Index CI 77891 in vielen Kosmetika wie Zahnpasta und Sonnencremes auf. Zudem nutzt die Lebensmittelindustrie TiO2 auch für diverse Lebensmittel. Als Lebensmittelzusatzstoff E171 findet man es in der Zutatenliste von Süßigkeiten, Backwaren, Soßen, Kaugummis, Nahrungsergänzungsmitteln und anderen Lebensmitteln. Doch auch Handwerker*innen im Baugewerbe kommen oft in Kontakt mit Titandioxid, da viele Lacke und Farben es enthalten.

Warum ist Titandioxid gefährlich?

Das Weißpigment steht im Verdacht krebserregend zu sein. Dies besagen Ergebnisse umfassender Studien, die der Ausschuss für Risikobewertung (RAC) bei der Europäischen Chemikalienagentur bewertet hat. Dabei ging es um Titandioxid in bestimmter Pulverform sowie andere Produkte als Pulver, die Titandioxid-Nanopartikel mit einem Gehalt von einem oder mehr Prozent beinhalten. Das Einatmen von Nanopartikeln in Pulverform kann dabei sogar krebserregend sein.

Aufgrund dieser Erkenntnisse erklärte die EU-Kommission bereits 2019, dass Titandioxid in Pulverform künftig einen Warnhinweis haben sollte. Der Hinweis soll hier auf das Krebsrisiko durch das Einatmen des Pulvers aufmerksam machen.

Auch in der Lebensmittelindustrie wird mittlerweile viel über Titandioxid als Zusatzstoff für Lebensmittel diskutiert. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat kürzlich bekanntgegeben, dass Titandioxid wegen möglicher Gesundheitsrisiken nicht sicher für den Verzehr geeignet sei. Der EFSA zufolge könne es im Körper Effekte auf das menschliche Erbgut haben. Allerdings fanden die Experten der EU-Behörde keine abschließenden Beweise für eine schädigende Wirkung von Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff. Daher verhängten sie kein Verbot, sondern lediglich eine Empfehlung, es nicht mehr zu verwenden.

Handwerker*innen im Baugewerbe aufgepasst: Das gilt seit Oktober 2021

In der CLP-Verordnung (Regelung für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Chemikalien in der EU) wurden aufgrund der EFSA-Einschätzung Änderungen vorgenommen. Die Änderungen betreffen Produkte, die Titandioxid in lungengängiger Form als Nanopartikel enthalten. Demnach ist der von der EFSA gewünschte Warnhinweis seit Oktober 2021 auf diesen abgebildet. Betriebe im Baugewerbe sollten dann auf die neuen Kennzeichnungen achten, die mit dem Warnhinweis kommen. Besonders bei Tätigkeiten, bei denen Stäube freigesetzt werden oder Nebel entsteht, kann es gefährlich werden. Daher ist es notwendig, den gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsschutz einzuhalten. Denn nur so kann man sich gegen potenzielle Gefahren schützen.

Das gilt seit Oktober 2021 für Bauprodukte mit Titandioxid:

  • Titandioxidhaltige Gemische in Pulverform: Wenn mindestens 1 Prozent der Titandioxid-Nanopartikel in freier oder gebundener Form einen aerodynamischen Durchmesser von höchstens 10 µm aufweisen, müssen die Gemische als „vermutlich karzinogen beim Einatmen“ eingestuft werden. Gemische mit dieser Einstufung tragen das Gefahrenpiktogramm GHS08 (Signalwort „Achtung“) und den Hinweis: „Kann beim Einatmen vermutlich Krebs erzeugen“. Als zusätzliche Warnung kann auch folgender Hinweis vergeben werden: „Achtung! Bei der Verwendung kann gefährlicher lungengängiger Staub entstehen. Staub nicht einatmen“.
  • Titandioxidhaltige Gemische in flüssiger Form: Wenn mindestens 1 Prozent der Titandioxidpartikel einen aerodynamischen Durchmesser von höchstens 10 µm aufweisen, müssen auch flüssige Gemische als „vermutlich karzinogen beim Einatmen“ eingestuft werden. Denn bei einer Sprühanwendung können lungengängige Tröpfchen entstehen, die gefährlich sein und damit auch eine krebserzeugende Wirkung haben können. Der Hinweis auf der Verpackung lautet dann: „Achtung! Beim Sprühen können gefährliche lungengängige Tröpfchen entstehen. Aerosol oder Nebel nicht einatmen“.
  • Titandioxidhaltige Gemische in fester Form: Wenn mindestens 1 Prozent reines Titandioxid enthalten ist, ist auf dem Etikett folgender Hinweis angebracht: „Achtung! Bei Verwendung kann gefährlicher lungengängiger Staub entstehen. Staub nicht einatmen“.

Auf allen Verpackungen wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass ein Sicherheitsdatenblatt auf Anfrage erhältlich ist.

Bei Schleifstäuben besonders vorsichtig sein

Experten empfehlen, bei Schleifarbeiten an titandioxidhaltigen Beschichtungen besonders vorsichtig zu sein. Die dabei entstehenden Schleifstäube sind nämlich pulverförmig. Wenn der Titandioxidgehalt dieser Stäube bei 1 Prozent oder höher liegt und die Titandioxidpartikel einen Durchmesser von ≤ 10 μm aufweisen, kann es gefährlich werden. Daher sollten Handwerker*innen beim Schleifen von betroffenen Wänden und Abschleifen von Möbeln das TOP-Prinzip einhalten. Dabei handelt sich um die Umsetzung von technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen. So sollten beispielsweise nur Werkzeuge mit geeigneter Absaugvorrichtung verwendet werden. Zusätzlich sollten auch diverse Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Atemschutzmasken eingehalten werden.

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gibt Entwarnung: Mal- und Lackierarbeiten ungefährlich

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat mitgeteilt, dass das Verarbeiten von Farben und Lacken keine Gefahren bergt, solange die üblichen Maßnahmen für Stäube und Spritznebel beachtet werden. Beim Streichen mit Rolle und Pinsel oder Tapetenentfernen ist die Feinstaubbelastung der Lunge in der Regel so gering, dass es nicht gefährlich ist. Besonders das Streichen oder Rollen von Farbe ist sicher, da hier die Titandioxidpartikel fest in der Farbe eingebunden sind und nicht eingeatmet werden können.

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