Letzte Aktualisierung am 8. Juli 2024 von Alex Mroos
Das Bundeswirtschaftsministerium hat Anfang September den Referentenentwurf für das dritte Bürokratieentlastungsgesetz veröffentlicht, mittlerweile ist er auch vom Bundeskabinett bestätigt worden. Ziel des Gesetzes ist Bürokratieabbau und die weitere Digitalisierung der Kommunikation zwischen Unternehmen und Behörden. Laut Schätzungen der Bundesregierung wird das BEG III die Wirtschaft um mindestens 1,1 Milliarden Euro pro Jahr entlasten. Was verbessert sich mit dem Gesetz und was fehlt? Wir haben es uns mal genauer angeschaut.
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsmeldung
Sie sind genervt von Angestellten, die ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu spät abgeben oder sind einer dieser Angestellten? Dann dürfte diese Änderung Sie sehr freuen. Ab 2021 soll es die gelben Zettel für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr geben. Die Krankmeldung kommt ab 2021 dann direkt nach Eingang bei der Krankenkasse auch beim Chef an. An der Vertraulichkeit der Daten ändert sich selbstverständlich nichts. Infos zum Grund der Arbeitsunfähigkeit enthält – wie bisher – nur die Krankenkasse, an den Arbeitgeber geht nur Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit. Die Änderung schließt an eine Neuregelung aus dem Gesundheitsministerium an, nach der die Krankschreibung ab 2021 nur noch digital an die Krankenkassen übermittelt werden soll.
Leichtere Archivierung elektronisch gespeicherter Steuerunterlagen
Bisher bestand für Unternehmen eine Pflicht, bei einem Wechsel der Steuersoftware die alten Steuerprogramme zehn Jahre lang in Betrieb zu halten. Diese Frist wurde jetzt auf fünf Jahre nach dem Wechsel gesenkt, wenn die Steuerunterlagen auch weiterhin auf einem Datenträger verfügbar bleiben.
Digitaler Meldeschein im Beherbergungsgewerbe
Wer oft auf Geschäftsreise ist kennt den Meldeschein gut. Dieser Schein muss beim Einchecken in ein Hotel ausgefüllt und unterschrieben werden. Ab 2021 soll das auch komplett digital möglich sein. Wenn das Hotel es unterstützt, kann man dann einfach mit dem elektronischen Personalausweis einchecken.
Basisregister für Unternehmen
Vielleicht kennen Sie das schon: Sie haben einer Behörde bestimmte Daten mitgeteilt und eine andere Behörde fragt dann noch einmal nach den gleichen Daten. Eigentlich könnte man doch davon ausgehen, dass die Behörden auch untereinander kommunizieren. Leider ist das auch 2019 immer noch nicht die Realität. Aus diesem Grund plant die Bundesregierung die Einführung eines Basisregisters für Unternehmen, wie es in einigen anderen EU-Staaten schon seit Jahren Standard ist. Nach dem “Once-Only-Prinzip” ist das Ziel dahinter, dass Bürger und Unternehmen wichtige Informationen nur einmal mitteilen müssen. Die Regierung erhofft sich dadurch eine Entlastung der Wirtschaft um ungefähr 216 Millionen Euro pro Jahr. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) sind unnötig komplizierte Statistikmeldungen übrigens auf Platz 4 der nervigsten bürokratischen Hürden.
Anhebung der Kleinunternehmergrenze auf 22.000 Euro
Schon jetzt kann man beim Finanzamt beantragen, als Kleinunternehmer eingestuft zu werden. Als Kleinunternehmer muss man keine Umsatzsteuer zahlen und spart sich die Umsatzsteuer-Voranmeldung. Voraussetzung dafür ist aber, dass man im Vorjahr nicht mehr als 17.500 Euro verdient hat. 2021 soll diese Grenze auf 22.000 Euro steigen.
Weitere Änderungen
- Lohnsteuerliche Pauschalierungsgrenze für Beiträge zu einer Gruppenunfallversicherung wird von 62 auf 100 Euro angehoben
- Steuerbefreiung für betriebliche Gesundheitsförderung von 500 auf 600 Euro erhöht
- Anhebung der Grenze zur Lohnsteuerpauschalierung bei kurzfristiger Beschäftigung
- Pauschalierung der Lohnsteuer für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte
- Erhöhung der Grenzbeträge für Hilfeleistung durch Lohnsteuervereine
- Wegfall der Anmeldepflicht zur Unfallversicherung für Unternehmer, die eine Gewerbeanzeige erstattet haben
- Anträge und Mitteilungen nach dem Teilzeitbefristungsgesetz auch in Textform möglich
- Bürokratieabbau bei der Informationspflicht für Anbieter von Altersvorsorgeverträgen
- Einführung eines elektronischen Datenspeichers für Kleinstarbeitgeber
- Elektronische Übermittlungspflicht für steuerlich relevante Auskünfte
Bürokratieabbau geht noch besser!
Schon im Mai und Juni 2019 hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag Unternehmen dazu befragt, welche Maßnahmen zum Bürokratieabbau ihnen am meisten helfen würden. Hier sind die häufigsten Forderungen der Unternehmer und mögliche Lösungen, die die Bundesregierung ins nächste Bürokratieentlastungsgesetz aufnehmen könnte.
Datenschutzgrundverordnung für kleine und mittlere Betriebe vereinfachen
Viele Betriebe haben sich bei der Umsetzung der DSGVO allein gelassen gefühlt. Die Umsetzung ist für Betriebe mit hohem personellen und finanziellem Aufwand verbunden und daher gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen nicht gut angekommen.
Aufbewahrungsfristen verkürzen
Problem
Besonders die gesetzliche Aufbewahrungsfrist für Rechnungen und Dokumente kritisieren Unternehmer. Diese Dokumente müssen Unternehmen zehn Jahre lang aufbewahren, obwohl die letzten Betriebsprüfungen schon nach drei bis fünf Jahren abgeschlossen sind. Den Rest der Zeit liegen die Dokumente also in den meisten Fällen einfach nur herum, verursachen Kosten für die Lagerung und die Übersicht geht verloren. Auch die rechtssichere Digitalisierung ist für kleine und mittelgroße Unternehmen schwierig bis unmöglich und mit weiteren Kosten verbunden.
Lösung
Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für steuerlich relevante Aufzeichnungen auf sieben, am besten sogar fünf Jahre.
Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten bei elektronischen Unterlagen vereinfachen
Problem
Das Bundesfinanzministerium bietet zwar auf seiner Website die “Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form” (GoBD) an, diese sind aber besonders für kleine Unternehmen nicht leicht zu verstehen. Auch wegen der Gültigkeit herrscht Unsicherheit: Die GoBD wurden zwar im Juli 2019 aktualisiert, auf der Website des Bundesfinanzministeriums findet man aber immer noch die alte Version aus dem Jahr 2014.
Lösung
Die Vorschriften sollten überarbeitet und vor allem vereinfacht werden. Außerdem sollte das Finanzministerium klar machen, ob und ab wann die Grundsätze aus dem Jahr 2014 ungültig werden. Auch bei der Form der Vorschriften könnte man vieles verbessern, zum Beispiel indem man sie als übersichtliche Website aufbereitet und das PDF nur ergänzend zur Verfügung stellt.
Statistikmeldungen vereinfachen
Problem
Bei den deutschen Behörden fehlen oft Angebote für elektronische Meldeverfahren. Durch diese fehlende Vernetzung fragen Behörden viele Daten oft doppelt ab. Auch die Fristen finden viele Unternehmer zu streng, besonders wenn die angeforderten Daten nur mit großem Aufwand generiert werden können.
Lösung
Bessere Vernetzung von Behörden, mehr digitale Meldemöglichkeiten und großzügige Fristen für große Datenmengen. Mit dem zentralen Melderegister trägt das Bürokratieentlastungsgesetz III immerhin schon einen Teil der Lösung in sich.
Förderverfahren vereinfachen
Besonders für neu gegründete Unternehmen und Startups sind einfachere Förderverfahren sehr wichtig. Anträge sollten möglichst einheitlich und einfach sein, Antragswege und Bearbeitungszeiten müssen kürzer werden.
Weniger Gesetze verabschieden und verpflichtende Übergangsfrist einführen
Viele Unternehmen beschweren sich über Umstellungskosten bei Gesetzesänderungen, besonders wenn sie kurzfristig kommen oder Änderungen sogar rückwirkend sind. Sie wünschen sich eine Verpflichtung von der Bundesregierung, wichtige Gesetze wie Steuergesetze nicht rückwirkend geltend zu machen und die Häufigkeit neue Gesetze zu senken. Außerdem sollten die Gesetze mindestens drei Monate Zeit zwischen Verabschiedung und Inkrafttreten lassen.
Baugenehmigungsverfahren erleichtern
Besonders Unternehmen aus dem Baugewerbe wünschen sich eine zentrale Anlaufstelle für Baugenehmigungen, um die Verfahren zu beschleunigen und Planungs- und Rechtssicherheit zu verbessern. Antragsteller müssen sich darauf verlassen können, dass die Baugenehmigung rechtssicher ist und nicht nachträglich wieder entzogen wird.
Vereinheitlichung von Sozialversicherung, Lohnsteuer und Umsatzsteuer
Natürlich sind Sozialversicherungsbeiträge, Lohnsteuer und Umsatzsteuer nicht das gleiche und haben komplett verschiedene Funktionen. Trotzdem könnte man einige Dinge ändern, um Arbeitgebern die Berechnung zu erleichtern.
Verschiedene Bemessungsgrundlagen, Beitragsgrenzen und Definitionen können bei Feiertags- und Nachtzuschlägen oder der betrieblichen Altersversorgung dazu führen, dass trotz Pauschalierung bei der Lohnsteuer individuelle SV-Beiträge abgeführt werden. Auch zwischen Lohnsteuer und Umsatzsteuer gibt es viele Unterschiede, vor allem bei den Steuerbefreiungen. Aus diesem Grund wünschen sich viele Unternehmer eine bestimmte Vereinheitlichungen bei den drei Abgaben.
Angleichung von Handels- und Steuerrecht
Bilanzierungspflichtige Unternehmen müssen oft eine Handelsbilanz und eine Steuerbilanz erstellen. Die Vorschriften des Steuerrechts unterscheiden sich jedoch oft sehr von den handelsrechtlichen Vorschriften, was die Bilanz verkomplizieren kann.
Weniger Bürokratie beim Gründen
Viele Unternehmer wünschen sich, dass alle involvierten Behörden über eine Anlaufstelle erreichbar werden. Auch die Steuernummer sollte automatisch und schnell beantragt werden. Voraussetzung dafür wäre aber auch hier, dass die Basisdaten zwischen den Behörden ausgetauscht werden und nicht mehrfach abgefragt werden.
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