Geerbtes Haus verkaufen oder behalten? Gute Gründe für beides

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2022 lebten fast die Hälfte aller deutschen Senioren in Eigenheimen. Die allermeisten von ihnen haben nahe oder ferne Verwandte oder Freunde und somit jemanden, der zumindest theoretisch als Erbe infrage käme. Doch was, wenn man sich selbst in einer solchen Position wiederfindet, in der Eltern, Großeltern oder ähnliche Personen einem die Immobilie vermachen möchten? In solchen Fällen beginnt nicht nur häufig sehr viel Überlegungsarbeit, sondern entstehen oft Situationen, über die man sich hinterher ärgert. Daher zeigen wir jetzt sowohl gute Gründe, solche Immobilien zu behalten als auch, um sie rasch oder mit etwas Zeitverzug zu veräußern.

Die Immobilie behalten – das spricht dafür

1. Es handelt sich um einen bleibenden Wert

Zugegeben, nicht jede Immobilie befindet sich energetisch und technisch in zeitgenössischem Zustand – vielen Senioren fehlen Mittel und Wille, in diesem Alter noch viel zu investieren. Doch selbst wenn speziell unsanierte ländliche Altbauten kräftig an Wert verloren haben (wenigstens temporär), so steht doch eine unumstößliche Tatsache im Raum:

Das Haus selbst und erst recht das Grundstück werden immer einen Wert darstellen. Wer in Immobilien investieren möchte, der muss vieles beachten und tun – vor allem erst einmal viel Geld investieren. Wer hingegen erbt, für den entfallen (abzüglich etwaiger Erbschaftssteuern) diese Kosten. Er bekommt eine Immobilie zum Nulltarif, kann sie beispielsweise modernisieren und so einen dauerhaften Cashflow generieren.

Das ist das vielleicht stärkste, da universellste Argument für ein Behalten: Selbst nach Steuern bleibt es ein sechs- oder gar siebenstelliger Wert und somit eine kostbare Grundlage für eine der besten Investment-Spielarten.

2. Es ist das mitunter ideale Eigenheim

Nicht jeder Immobilienerbe träumt vom Eigenheim, weil er in einem unattraktiven Mietverhältnis lebt. Mancher ist vielleicht selbst Wohneigentumsbesitzer, hat mitunter erst kürzlich gebaut. Das alles mag stimmen und realistisch sein. Dennoch sollte tatsächlich jeder Erbe ohne Rücksicht auf seine eigene Wohnsituation die neue Immobilie und ihr Umfeld gründlich betrachten.

Denn was ein angenehmes Eigenheim für die vorherigen Besitzer war, könnte es theoretisch und praktisch ebenso für den Erben werden – mitunter nach einigen Umbauten.

  • Lage,
  • Größe,
  • Stil,
  • Substanz,
  • Beruf,
  • Familienstand und -planung,
  • Infrastruktur.

Solche und noch weitere Faktoren spielen hier natürlich eine zentrale Rolle. In der Praxis kann jedoch „Oma ihr klein‘ Häuschen“ tatsächlich die beste Alternative sein; selbst wenn es nur ein angenehm großes und unschlagbar günstiges Grundstück nach Abriss der Bestandsbauten liefert.

Das gilt selbst für Besitzer recht neuer Eigenheime. Etwa dann, wenn es sich in der Erb-Immobilie aufgrund einer passenderen Fläche deutlich günstiger wohnen ließe – und durch den Verkauf des bisherigen Hauses vielleicht auf einen Schlag Schuldenfreiheit hergestellt wäre.

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3. Es kann als Mietobjekt lohnende Geldströme erzeugen

Als Privatperson zu vermieten ist heutzutage zwar etwas komplexer geworden – unter anderem aufgrund diverser Gesetze und Gerichtsurteile. Es bleibt jedoch stets ein Faktor: Es gibt kaum eine andere Möglichkeit, so planbar, regelmäßig und zudem monatlich feste Summen zu bekommen wie als Vermieter.

Insbesondere dann, wenn die Immobilie in technisch-energetischer Hinsicht keinen akuten Handlungsbedarf nebst entsprechenden Ausgaben aufweist, lässt sich dieses Ziel relativ zeitnah nach Testamentseröffnung erreichen. Was sich von der Einrichtung nicht veräußern lässt, kann von entsprechenden Entrümpelungsdiensten übernommen werden. Der Rest ist Arbeit, die fast jeder in Eigenregie erledigen kann: Aussuchen der Bodenbeläge aus der enormen Vielfalt in diesem Bereich; neu tapezieren bzw. streichen, vielleicht frische Decken, mitunter neue Armaturen im Bad. Spätestens nach einer Grundreinigung innen und außen kann dann mit hohen Erfolgsaussichten vermietet werden.

Nicht zuletzt sollte diese Option unter dem Eindruck des Wohnraummangels betrachtet werden. Es wird (inflations- und zinsbedingt) immer weniger gebaut. Ein Ende ist unabsehbar. Selbst energetisch suboptimale Häuser werden deshalb ihre Interessenten behalten – schlicht, weil Deutschland es sich nicht leisten kann, solche Häuser zu ignorieren, da nicht einmal ansatzweise genügend moderne Immobilien nachkommen.

4. Es ist eine hervorragende Reserve für schlechte Zeiten

Ungleich zu anderen Dingen kann eine Immobilie nicht jahrelang leer stehen, ohne Schaden zu nehmen. Speziell mit einer Vermietung im Hinterkopf sollten Erben jedoch diesbezüglich einige Dinge bedenken:

  1. Was man hat, das hat man.
  2. Eine Immobilie verkaufen ist leicht, eine zu finden und zu kaufen deutlich schwieriger.
  3. Es kann immer etwas passieren, das die eigenen Pläne durcheinanderwirft.

Ein geerbtes Haus im Eigenbesitz kann in zahllosen Fällen ein schlagkräftiges Werkzeug sein. Es ist eine finanzielle Reserve, es kann ein alternativer Wohnort sein (denken wir etwa an Wohnungskündigungen). Nicht zuletzt kann es für den eigenen Nachwuchs nochmal ein Erbe sein. Beispielsweise, um jedem der eigenen Kinder eine Immobilie vermachen zu können.

Die Immobilie zeitnah verkaufen – das spricht dafür

1. Die Sanierungspflicht greift auch bei Erbschaften

Das Gebäudeenergiegesetzt kennt diverse Modernisierungspflichten, die erst bei einem Eigentümerwechsel anstehen – erben gehört in verschiedenen Konstellationen mit dazu. Das bedeutet, nach dem Besitzerwechsel hat der Erbe zwei Jahre Zeit, um unter anderem das Dach oder die oberste Geschossdecke zu dämmen und die Heizung auf Vordermann zu bringen.

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Insgesamt stehen dahinter zwar überschaubare Kosten, sofern die Heizung nicht komplett ausgetauscht werden muss. Wenn jedoch schon derartige Arbeiten anstehen, da sie nicht zu Lebzeiten der Vorbesitzer erledigt wurden, ist es gut möglich, dass bei dieser Immobilie noch anderes im Argen liegt – das mitunter sehr teuer werden könnte. Das gilt speziell unter der Prämisse, wonach noch weitere Kosten anstehen:

2. Die Erbschaftssteuer ist komplex und mitunter sehr teuer

Derzeit wird zwar in der Politik viel darüber diskutiert, wie man die Erbschaftssteuer im privaten Bereich bei Immobilien künftig neugestalten könnte; unter anderem könnte sie deshalb zukünftig bei Eigennutzung unter sämtlichen Konstellationen entfallen. Stand Ende 2023 gilt jedoch noch folgendes:

  1. Die Freibeträge der Erbschaftssteuer unterscheiden sich teils dramatisch zwischen den Verwandtschaftsgraden.
  2. Liegt der Wert der Immobilie über dem Freibetrag, dann bleibt der Erbe nur dann von Steuerzahlungen verschont, wenn er den Bau mindestens zehn Jahre lang selbst benutzt und ihn nicht vermietet, verpachtet oder verkauft.  
  3. Selbst dieser Passus gilt nur für Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und Kinder. Enkel sind nur dann inkludiert, wenn ihre Eltern bereits verstorben sind. Alle anderen werden selbst bei Eigennutzung nicht steuerbefreit.

Bei der Besteuerung von Grundvermögen gilt zudem die Vorgabe einer Berechnung anhand des realen Marktwerts (Verkehrswert). Bedeutet, es sollte zuvor ein professionelles Wertgutachten erstellt werden – dessen Kosten vom Erben zu begleichen sind. Andernfalls kann das Finanzamt Zweifel anmelden und den Steuersatz nach eigenen Kalkulationen ansetzen.

Das alles bedeutet: Sofern das Thema Erbschaftssteuer nicht aus Verwandtschaftsgrad- und Eigennutzungsgründen gänzlich entfällt, kann es durchaus teuer werden. Das gilt selbst bei Gebäuden in eher schlechtem Zustand – dann, wenn sie auf einem großen, möglicherweise für gleich mehrere Bauplätze kostbaren Grundstück stehen.

Nicht zuletzt gilt das in einem größeren Rahmen von Schulden. Wenn das Gebäude nicht frei davon ist, kann es nochmals deutlich teurer werden.

3. Altbauten stecken oft voller Tücken

Wie gut ein Haus dem „Zahn der Zeit“ widersteht, hängt von zwei Dingen ab:

  1. Die generelle Art und Weise, wie es gebaut wurde sowie die Qualität aller dabei verwendeten Materialien und der allgemeinen Durchführung.
  2. Der Grad der Pflege, der seit der Errichtung betrieben wurde. Ferner der insgesamt schonende Umgang mit der Immobilie sowie stets sach- und fachgerechte Reparaturen.

Etwa ab den 1970ern begann man, nach heutigem Verständnis „modern“ zu bauen. Je älter ein Gebäude ist, desto größer sind jedoch sowohl die Unterschiede bei der Herangehensweise als auch die dadurch und die lange Benutzungsdauer ausgelösten Eigenheiten – mitunter Schäden.

Verschiedene Faktoren können daher eine Tatsache zufolge haben: Nur weil ein geerbtes Gebäude augenscheinlich „gut“ aussieht, heißt das nicht, es wäre frei von Mängeln – oder könnte ohne diverse Umbauten auf zeitgenössischem Niveau bewohnt werden.

In der Praxis strotzen viele solcher Altbauten vor Überraschungen der unschönen Sorte. Dinge, die extrem teuer werden können und bei denen es vielleicht besser ist, wenn jemand anderes sie behebt.

Wichtig: Naturgemäß dürften Erben keinerlei negative Tatsachen gegenüber einem Käufer verschweigen!

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