Letzte Aktualisierung am 8. Juli 2024 von Alex Mroos
Beton befindet sich aktuell auf dem Vormarsch, denn nicht nur als Baustoff, sondern auch als Designelement hält das mineralische Gemisch Einzug in unsere vier Wände. In diesem Zusammenhang ist oftmals von Sichtbeton die Rede, wobei es sich um Betonbauteile handelt, deren Ansichtsflächen bei der (innen-)architektonischen Gebäudegestaltung bewusst als Gestaltungsmittel eingesetzt werden. Demnach wird der Beton hierbei nicht mehr nur als Hintergrundbaustoff angewandt, sondern zum Zwecke der Gebäudegestaltung bewusst sichtbar gemacht. Daher ist diese Art von Beton von Anfang an darauf ausgelegt, am Ende weder verputzt noch verblendet zu werden.
Mit diesen Eigenschaften verleiht Sichtbeton Ihrem Boden, Ihren Wänden oder Ihrer Treppe ein ganz besonderes Erscheinungsbild. Daher hat auch nicht jede Betonmischung das Zeug zum Gestaltungselement. Doch neben der richtigen Mischung kommt es vor allem auch auf die passende Schalung an, die über einige Besonderheiten verfügen sollte. Denn gerade die spezifische Oberflächenbeschaffenheit der Schalungshaut verleiht einer Sichtbetonwand, einem Sichtbetonboden oder Sichtbetonplatten ihre typische Optik. Demnach handelt es sich bei allen Sichtbetonbauteilen um geschalte Flächen, bei denen die Schalungshaut das Aussehen grundlegend mitbestimmt. Dank unterschiedlicher Ausprägungen und Herstellungstechniken können auf diesem Weg unterschiedliche Oberflächenoptiken erzeugt werden. Folglich sorgen Brettschalungen aus OSB-Platten oder aus gehobeltem, sägerauem oder unbehandeltem Holz sowie Kunststoff- und Metallschalungen für eine große Varianz in der Oberflächenbeschaffenheit des Betons.
Arten von Sichtbeton
In Abhängigkeit des Verwendungszweckes gibt es vier verschiedene Sichtbetonklassen, die jeweils mit unterschiedlichen Anforderungen verbunden sind. Diese betreffen beispielsweise die Schalung, die Porigkeit, die Ebenmäßigkeit sowie die Farbtongleichmäßigkeit des geschalten Sichtbetons.
Beton der Sichtbetonklasse SB 1 erfüllt dabei die geringsten Anforderungen hinsichtlich der Bauausführung sowie des Mischverhältnisses. Daher eignet sich diese Klasse vor allem als Sichtbetonboden oder Sichtbetonwand in Kellerräumen oder in gewerblichen Bereichen, bei denen der Fokus nicht auf einer hochwertigen Optik liegt. Die Sichtbetonklasse SB 2 ist für normale Anforderungen geeignet und kann vor allem für Stützwände oder Treppenhäuser angewandt werden. Dahingegen erfüllt Beton der Klasse SB 3 besondere Anforderungen, wodurch sich dieser Sichtbeton primär für Hochbaufassaden eignet. Besonders hohe Anforderungen erfüllt Beton der Sichtbetonklasse SB 4. Mit dieser besonderen Qualität stellt Beton dieser Klasse einen wahren Eyecatcher an repräsentativen Gebäuden oder ausgewählten Gebäudeteilen dar.
Hier noch einmal alle Sichtbetonklassen mit ihren jeweiligen Anforderungen und Anwendungsgebieten auf einen Blick:
Sichtbetonklasse |
Anforderung |
Anwendungsgebiet |
SB 1 |
gering |
Kellerwände, gewerbliche Nutzung |
SB 2 |
normal |
Treppenhäuser, Stützwände |
SB 3 |
besonders |
Hochbaufassaden |
SB 4 |
besonders hoch |
repräsentative Gebäude und Gebäudeteile |
Welche Sichtbetonart die richtige für Sie ist, sollten Sie an einem konkreten Beispiel oder Muster herausfinden. Daher ist es ratsam, Musterflächen gießen zu lassen. So können Sie vorab die Qualität und das Erscheinungsbild des Betons überprüfen, bevor Sie sich eine gesamte Sichtbetonwand, einen Sichtbetonboden oder Sichtbetonplatten anfertigen lassen.
Worauf sollten Sie bei der Verarbeitung von Sichtbeton achten?
Bei der Verarbeitung von Sichtbeton gibt es einige Parameter zu beachten, um am Ende ein überzeugendes Ergebnis zu erhalten. Hierzu zählen neben der Auswahl einer geeigneten Sichtbetonklasse unter anderem auch die Bestimmung der Oberflächenstruktur und die Flächengliederung.
In Bezug auf die Oberflächenstruktur sollten Sie vor allem die richtige Schalung auswählen, die sich im jeweiligen Material, ihrer Größe sowie in ihrem konkreten System unterscheidet. Denn sowohl die Größe der einzelnen Schalungselemente, das verwendete Schalungsmaterial als auch das Schalungssystem haben einen maßgeblichen Einfluss auf das spätere Erscheinungsbild der Sichtbetonwand, der Sichtbetonplatten oder den Sichtbetonboden.
Bei den Schalungsmaterialien kann auf verschiedene Baustoffe, wie Holz, Metall oder Kunststoff zurückgegriffen werden. Diese verleihen auf Grundlage ihrer spezifischen Oberflächenbeschaffenheit dem Sichtbeton später eine ganz individuelle Optik. Dabei handelt es sich je nach verwendetem Material und dessen Eigenschaften um eine saugende oder nicht saugende Schalung, was ebenfalls eine bedeutsame Auswirkung auf die spätere Sichtbetonoptik hat. So sorgt eine saugende Schalhaut durch das Aufziehen des überschüssigen Wassers für eine raue Oberfläche, wohingegen nicht saugende Schalhäute zu einer glatten Oberfläche beitragen. Auch eine Kombination beider Varianten ist dabei denkbar, wodurch abwechslungsreiche Oberflächenstrukturen entstehen. Neben dem Schalungsmaterial beeinflusst auch das jeweilige Schalungssystem das schlussendliche Betonbild. Denn gerade die Anordnung der Schalungsanker und die Rahmenabdrücke an den Elementstößen sind in der fertigen Sichtbetonwand oder Sichtbetonplatte wiederzufinden.
Flächengliederung für den optischen Eindruck
Welche Größe die einzelnen Schalungselemente besitzen sollten und welche Schalungstextur sowie welches Schalungssystem das richtige für Sie ist, sollten Sie durch eine Flächengliederung herausfinden. Bei einer Flächengliederung werden genau diese Punkte gemeinsam in Betracht gezogen, um ein genaues Bild davon zu erhalten, wie diese einzelnen Aspekte später zusammenwirken. Auch der Fugenverlauf sowie das Raster der Ankerlöcher wird in diese Betrachtung mit einbezogen. Dank dieser Betrachtung erhalten Sie bereits vor der Herstellung der Sichtbetonfläche einen Eindruck vom späteren Gesamtbild. So können Sie von vornherein die spätere Optik der Betonfläche mitbestimmen und nach ihren Vorstellungen gestalten. Auch die Auswahl des richtigen Betons sollte im Zuge dessen in Betracht gezogen werden, da auch diese einen Einfluss auf die spätere Farbgebung sowie die Porigkeit der Sichtbetonfläche hat.
Tipp: Lassen Sie sich eine Musterfläche gießen, um besser beurteilen zu können, ob die ausgewählten Parameter auch wirklich Ihrem Geschmack entsprechen.
Schalungssystem für Sichtbeton
Da Sichtbetonplatten aufgrund ihrer späteren Sichtbarkeit besonders akkurat sein sollten, kommt der Schalung eine grundlegende Bedeutung zu. Denn im Vergleich zu gängigen Betonschalungen reichen hierbei simple Baubretter alleine nicht mehr aus. Es werden zusätzliche Aussteifungen benötigt, um die Schalbretter in Form zu halten. Je nach Schalung müssen diese zusätzlich noch abgedichtet werden, um der Entstehung von Nasen und Nähten vorzubeugen. Diese Anforderungen machen eine Schalung für Sichtbeton im Vergleich zur Schalung von gängigem Baubeton deutlich teurer.
Grundsätzlich können Sie sich bei der Schalung dabei zwischen zwei verschiedenen Systemen entscheiden – der Rahmenschalung und der Trägerschalung. Diese haben, wie auch das Schalungsmaterial, einen bedeutsamen Einfluss auf das spätere Aussehen der Sichtbetonfläche. Bei der Rahmenschalung handelt es sich dabei um das gängigste Schalungssystem, das vorgegebene Rahmengrößen und Ankerbohrungen besitzt. Demnach sind bei diesem System sowohl die Ankerstellen als auch die Fugenraster fest vorgegeben und können folglich nicht mehr individuell verändert werden. Wollen Sie sich aber selbst gestalterisch betätigen, dann ist eine Trägerschalung das Richtige für Sie. Denn hier können Sie sowohl die Ankerstellen als auch die Elementanordnung ganz nach Ihren gestalterischen Gesichtspunkten planen und gestalten.
Nachbehandlung und Pflege von Sichtbeton
Um fertigen Sichtbetonplatten eine besondere Wirkung zu verleihen, können diese nach erfolgter Herstellung nachbehandelt werden. Grundsätzlich wird hierbei zwischen technischen und steinmetzmäßigen Nachbearbeitungsverfahren unterschieden. Dabei werden die technischen Nachbearbeitungsverfahren, zu denen unter anderem das Waschen, Säuern oder Strahlen zählt, grundsätzlich im Rahmen des Bauens durchgeführt. Denn diese Verfahren benötigen für ihre Anwendung einen frischen Beton, der noch nicht ausgehärtet ist. Im Gegensatz hierzu werden unter den steinmetzmäßigen Nachbehandlungen, Verfahren wie das Polieren, Scharrieren, Stocken oder Spitzen zusammengefasst. Diese Arbeiten können erst dann durchgeführt werden, wenn der Beton weitestgehend ausgehärtet ist. Daher lassen sich diese Verfahren auch optimal an bereits älteren Bauteilen oder bei einer Altbausanierung anwenden. Unabhängig der beiden Nachbearbeitungsverfahren legt der Großteil dieser Methoden das Betongefüge frei. Daher haben bei einer Nachbearbeitung vor allem die gröberen Gesteinskörner des Betons einen Einfluss auf die Färbung sowie die Textur der entstehenden Oberfläche.
Neben der Nachbehandlung kommt es jedoch auch auf die richtige Pflege des Sichtbetons an. Dieser ist zwar von Grund aus mechanisch robust, reagiert aber in Abhängigkeit der konkreten Oberflächenbeschaffenheit teils sensibel auf Verschmutzungen und Flecken. Daher können bei beanspruchten Flächen nach einiger Zeit Abnutzungsspuren in Erscheinung treten. Um dies zu verhindern oder dem vorzubeugen, können Sichtbetonflächen mit einem Versiegelungsmittel auf Epoxidharzbasis geschützt werden. Dieses Pflegemittel kann sowohl im Außenbereich als auch im Inneren angewandt werden und ist vor allem bei geschliffenem Sichtbeton besonders empfehlenswert, da dieser besonders anfällig ist.
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