Arbeitszeiterfassung - was hat sich geändert?

Arbeitszeiterfassung – Änderung durch EuGH-Urteil

Letzte Aktualisierung am 11. März 2020 von Alex Mroos

Wann endet die Arbeitszeit, wann beginnt sie? Welche Pausenzeiten müssen eingehalten werden? Diese Frage müssen sich Arbeitgeber ständig stellen, wenn es um die Arbeitszeiterfassung jedes einzelnen Mitarbeiter geht. Mit Hilfe dieser Erfassung lassen sich auch Buchführung und Lohnabrechnungen einfacher organisieren und umsetzen. Zusätzlich haben Arbeitgeber so auch einen besseren Überblick und die Kontrolle über die wirklich geleisteten Arbeitsstunden sowie angesammelte Überstunden. 

Auch für Arbeitnehmer ist die Arbeitszeiterfassung eine gute Möglichkeit nachzuschauen und nachzuweisen, wie lange sie gearbeitet haben. Aber auf was müssen beide achten? Was ist gesetzlich geregelt wenn es um die Erfassung der Arbeitszeit geht? 

Gibt es ein Pflicht?

Ja gibt es. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 14. Mai 2019 ein Urteil gefällt, dass EU-Mitgliedsstaaten Arbeitgeber künftig dazu verpflichten, täglich geleistete Arbeit ihrer Mitarbeiter zu dokumentieren. Egal ob es sich um die erste Stunde am Vormittag handelt, die halbe Stunde oder Stunde Arbeit, die für die Mittagspause geplant war oder die Zahl der Überstunden.

Nachdem also der spanische Gewerkschaftsverband CCOO die EU-Arbeitszeit-Richtlinie von 2003 verklagt hatte, überprüfte das nun der EuGH im Verlauf der Gerichtsverhandlung. Diese Richtlinie sieht nämlich eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 inklusive Überstunden vor; sowie eine tägliche Mindestruhezeit von elf Stunden am Stück und eine wöchentlich stattfindende Mindestruhezeit von 24 Stunden am Stück. Damit soll jetzt Schluss sein und das Urteil verkündet im Mai 2019 eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. 

Warum Änderung der Arbeitszeiterfassung? 

Der EuGH begründet dieses Urteil damit, dass Arbeitnehmer das “Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen” haben sollen. Dieses Recht sei in dem Moment gefährdet, wenn der Arbeitnehmer beweisen müsse, wie lange er gearbeitet hat. Arbeitnehmer sollen also mit der neuen Regelung leichter ihre Rechte einfordern können. Es wäre also nicht ausreichend, wenn alleine die Überstunden erfasst werden, so der EuGH. So kann letztendlich besser nachgewiesen werden, welche Arbeitszeiten als Überstunden zu bezahlen sind. 

Natürlich ist das Urteil zur Arbeitszeiterfassung auch in Deutschland wirksam, denn das deutsche Arbeitsgesetz beruht auch auf der EU-Richtlinie. Allerdings ist die vollständige Erfassung der Arbeitszeit nur in bestimmten Branchen gesetzlich vorgeschrieben, unter anderem für 

  • LWK-Fahrer
  • Bauarbeiter
  • in Gaststätten und
  • in der Fleischwirtschaft.
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Arbeitszeitgesetz

Damit in anderen Branchen dieses Gesetz auch gültig ist, muss entweder der Bundestag das Arbeitszeitgesetz ändern oder das Bundesarbeitsgericht muss ein entsprechendes Grundsatzurteil fällen. Das Arbeitszeitgesetz beinhaltet, dass die Arbeitszeit des Arbeitnehmers werktäglich, also Montags bis Samstags, jeweils acht Stunden beträgt. Eine Verlängerung der Arbeitszeit auf zehn Stunden ist möglich, wenn innerhalb von sechs Monaten die durchschnittliche Arbeitszeit acht Stunden beträgt. 

Maximal sind sechs Arbeitsstunden ohne Ruhepause möglich. Ruhezeit bedeutet die Zeit zwischen den Schichten, sie dauert mindestens elf Stunden ununterbrochen. Nur zehn Stunden ununterbrochenes “Ruhen” ist möglich, wenn innerhalb von vier Wochen ein Ausgleich erfolgt. Bei einer Arbeitszeit von sechs bis neun Stunden sind 30 Minuten Ruhepause demnach verpflichtend. Bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden sind es 45 Minuten. 

Regelung Nachtarbeit und Sonn- und Feiertagsbeschäftigung

Die Nachtarbeit fängt um 23 Uhr an und endet um sechs Uhr früh. Die tägliche Nachtarbeitszeit darf acht Stunden nicht überschreiten. Eine Verlängerung auf 10 Stunden ist dann möglich, wenn innerhalb eines Monats die Arbeitszeit im Durchschnitt acht Stunden beträgt. 

Die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen ist grundsätzlich nicht erlaubt. Das gilt natürlich nicht für Arbeitnehmer, die beispielsweise in der Gastronomie oder in Krankenhäusern tätig sind. Jedoch müssen mindestens zehn Sonntage im Jahr beschäftigungsfrei sein. Die Arbeitszeit darf acht Stunden nicht überschreiten. Für die Tätigkeit an einem Sonntag ist ein Ersatzruhetag innerhalb von zwei Wochen und für die Tätigkeit an einem Feiertag innerhalb von acht Wochen zu gewähren. 

Detailliertes Dokumentieren Pflicht

Arbeitgeber müssen die Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeiter so detailliert wie möglich dokumentieren. Dazu gibt es unterschiedliche Arbeitszeitmodelle im Handwerk. Nur so können Arbeitnehmer als auch Betriebsräte geleistete Überstunden und Arbeitszeitverstöße bei der Kontrolle einfacher nachweisen. 

Ob nun diese Arbeitszeiterfassung elektronisch, auf Papier, via Zeiterfassungs-App oder traditionell mit einer Stechuhr erfolgt, ist jedem Arbeitgeber selbst überlassen. Grundsätzlich gilt, dass die Arbeitszeit objektiv, verlässlich und zugänglich erfasst wird. 

Reaktionen gegenüber Arbeitszeiterfassung

Arbeitgebervertreter haben das Urteil des EuGH im Mai zur Arbeitszeiterfassung scharf kritisiert. Die Entscheidung wirke wie aus der Zeit gefallen, so die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Die Arbeitgeber seien gegen die generelle Wiedereinführung der Stechuhr in der heutigen Zeit, heißt es in einer Stellungnahme. Die Vertreter der Gewerkschaften dagegen reagierten sehr positiv gegenüber des Urteils. 

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Bilderquellen: magele-picture/stock.adobe.com

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