Letzte Aktualisierung am 8. Juli 2024 von
Wer sich als Handwerker selbstständig machen will, muss nicht unbedingt einen eigenen Handwerksbetrieb gründen. Es besteht auch die Möglichkeit, einen bestehenden Handwerksbetrieb zu übernehmen. In der Praxis findet eine Übernahme oftmals innerhalb der Familie statt, man kann aber auch entgeltlich ein Unternehmen übernehmen. Sich so selbstständig zu machen, bringt für neue Selbstständige viele Vorteile mit sich, jedoch ist eine Betriebsübernahme mit einigen Herausforderungen und Risiken verbunden. Wir erklären dir in unserem Artikel, was du bei einer Betriebsübernahme beachten solltest und geben Tipps, wie du gute Unternehmen für eine Übernahme erkennst.
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Welche Übernahmevarianten gibt es?
Es gibt verschiedene Varianten der Betriebsübernahme. Die im Handwerk üblichen Formen sind:
- Der Kauf eines Betriebs
- Die Schenkung eines Betriebs (zum Beispiel innerhalb der Familie)
- Das Pachten eines Betriebs
- Die Beteiligung an einem Betrieb
Welche Übernahmevariante die Beste für dich ist, lässt sich pauschal nicht sagen. Bei der Beantwortung dieser Frage spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle. So sind neben wirtschaftlichen Faktoren wie die Höhe des Eigenkapitals und die wirtschaftliche Situation des Unternehmens auch persönliche Faktoren wie die eigenen Ziele und die Vorstellungen des Übergebers gefragt. Hinzu kommen Fragen bezüglich der Finanzierung und der voraussichtlichen Steuerbelastung.
Lass dich am besten von deiner Handwerkskammer beraten, um die optimale Lösung für deinen Fall zu finden.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Betriebsübernahme
Bevor du die Nachfolge in einem Handwerksbetrieb antreten kannst, musst du einige Voraussetzungen erfüllen. Einer der wesentlichen Voraussetzungen ist der Meistertitel. Mit diesem zeigst du, dass du die notwendigen fachlichen Qualifikationen verfügst, um einen Betrieb selbstständig zu führen. Alternativ kannst du auch durch einen gleichwertigen Ausbildungsabschluss, wie beispielsweise einem Bachelor-Abschluss im Studiengang Bauingenieurwesen dies nachweisen. Du kannst aber auch ganz ohne Meistertitel oder gleichwertigen Abschluss einen Handwerksbetrieb übernehmen. Dafür solltest du mindestens ein Handwerker mit einem Meistertitel einstellen. Dieser wirkt dann nach der Übernahme als technischer Betriebsleiter.
Doch nicht nur fachliche Kenntnisse sind gefragt. Wer einen Betrieb übernehmen möchte, sollte über unternehmerische, kaufmännische und rechtliche Kenntnisse verfügen sowie persönlich qualifiziert für eine Führungsrolle sein. Ohne ausreichende Kenntnisse in diesen Bereichen und ohne persönliche Führungseigenschaften kann es schwierig werden, als Nachfolger ein Betrieb erfolgreich weiterzuführen.
Welche Vorteile hat eine Übernahme?
Im Vergleich zu einer Neugründung bringt die Übernahme eines bestehenden Betriebs einige Vorteile mit sich. Diese Vorteile sprechen für eine Betriebsübernahme anstelle einer Neugründung:
- Der Betrieb ist bereits auf dem Markt etabliert
- Es gibt einen bestehenden Kundenstamm
- Die angebotenen Produkte und Dienstleistungen stehen bereits fest
- Die Räumlichkeiten, Maschinen und das Equipment sind bereits vorhanden
- Die Mitarbeiter sind eingearbeitet und aufeinander eingespielt
Herausforderungen einer Betriebsübernahme im Handwerk
Obwohl eine Betriebsübernahme den Start in die Selbstständigkeit in vielerlei Hinsicht erleichtern kann, ist sie mit einigen Herausforderungen und Risiken verbunden. Allen voran stellt die größte Herausforderung allerdings die Aufrechterhaltung des Betriebs auf dem Markt dar. Weitere Herausforderungen und Risiken, die dich nach einer Betriebsübernahme erwarten könnten:
- Die Kunden könnten abspringen (besonders dann, wenn sie im engen Kontakt zum Vorgänger waren)
- Bestehende Arbeitsverhältnisse müssen übernommen werden
- Die Übernahme könnte bei den Mitarbeitern auf Gegenwehr treffen (Akzeptanzprobleme)
- Die Ausstattung des Betriebs könnte veraltet sein
- Es werden bestehende Haftungs- und Gewährleistungsrisiken übernommen
Wie erkennt man gute Kandidaten für die Übernahme?
Wenn du vorhast, einen anderen Handwerksbetrieb zu übernehmen, solltest du dir über einiges Gedanken machen. Denn es spielen viele Faktoren eine Rolle, ob ein Betrieb ein guter Kandidat für die Übernahme ist. Folgende Faktoren solltest du beim Betrachten der Angebote beachten:
- Die Lage des Betriebs
- Die Wettbewerbssituation und Konkurrenz
- Das mögliche Potenzial des Betriebs
- Den bestehenden Kundenstamm
- Die Auftragslage
- Den bisherigen Ruf des Betriebs
- Die Belegschaft
- Das Vorhandensein von Räumlichkeiten und der Betriebsausstattung
- Den Zustand der Räumlichkeiten und Betriebsausstattung
- Die bisherigen Kosten und Erträge des Betriebs
Wenn du auf der Suche nach geeigneten Kandidaten bist, kannst du unter anderem bei der Betriebsbörse deiner Handwerkskammer oder bei der bundesweiten Unternehmensbörse nexxt change vorbeischauen. Dort kannst du nach Betrieben oder Betriebsobjekten schauen, die aktuell im Angebot bzw. die auf der Suche nach einem Nachfolger sind.
Wann lohnt sich die Übernahme?
In vielerlei Hinsicht stellt eine Betriebsübernahme eine gute Alternative zur Neugründung dar. Besonders dann, wenn man sich Arbeit ersparen auf etwas bereits Bestehendem aufbauen möchte. Es ist aber nicht immer leichter, einen bestehenden Betrieb zu übernehmen und erfolgreich weiterzuführen. So ein Vorhaben benötigt viel Know-how – sowohl auf fachlicher als auch unternehmerischer und persönlicher Ebene.
Eine Neugründung ohne Kauf lohnt sich dann, wenn du in deinem Vorhaben nicht eingeengt sein möchtest, dein eigenes Konzept für ein Betrieb hast und es auch von Anfang an durchsetzen möchtest. Denn bei einer Übernahme stehen dir zunächst nicht alle Freiheiten zur Verfügung wie bei einer Neugründung. Du bist nämlich an die bestehenden Vorgaben gebunden.