Letzte Aktualisierung am 9. Juli 2024 von Mika Lehmann
Wer im Handwerk tätig ist, gehört auch der Handwerkskammer (HWK) an. Sie verwaltet die Innungen und Kreishandwerkerschaften im jeweiligen Kammerbezirk. Viele Städte und Kreise haben daher ihre eigenen Handwerkskammern. Außerdem koordiniert sie unter anderem die Ausbildung im Handwerk. Grundsätzlich vertritt die Handwerkskammer also die Interessen des Handwerks. Doch wie kam es zur Gründung der Handwerkskammer und welche Aufgaben übernimmt sie für das Handwerk?
Das Handwerk: Gefragt seit Jahrhunderten
Seit Menschen in Zivilisation leben, sind Handwerker ein unerlässlicher Teil der Gesellschaft. Denn ohne Handwerker hätten keine Siedlungen gebaut, Werkzeuge oder Waffen hergestellt werden können – gleichzeitig hätten sich Kulturen dann auch nicht weiterentwickeln können. Handwerker leisteten also schon immer einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Die handwerklichen Berufe haben sich natürlich immer wieder gewandelt und an die jeweilige Zeit angepasst.
Mit der Urbanisierung der Städte im Mittelalter gewannen die verschiedenen Handwerksberufe erheblich an Bedeutung. Zu dieser Zeit begann auch die Organisation der Gesellen in den jeweiligen Handwerkszünften. Für die meisten Berufe bestand daher zu dieser Zeit auch der sogenannte Zunftzwang, nur wenige konnten ein freies Gewerbe führen.
Regelungen rund um Ausbildung beziehungsweise Lehre, Bezahlung oder Meisterprüfung spezifizierten sich in der Zeit vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Allerdings ist die Berufswahl zu dieser Zeit nach wie vor von der Ständegesellschaft geprägt, sodass nicht jeder Zugang zum Handwerk erhalten konnte. Das änderte sich erst im Zuge der industriellen Revolution und mit der Einführung der Gewerbefreiheit im 19. Jahrhundert. Ab diesem Zeitpunkt kann jeder Bürger ein Handwerk lernen oder einen Handwerksbetrieb gründen.
Die Geschichte der Handwerkskammer
Im Jahr 1897 wurde dann in Deutschland das Handwerkergesetz erlassen – die Voraussetzung für die Bildung von Handwerkskammern war somit geschaffen. Entscheidend dafür war der Satz: “Zur Vertretung der Interessen ihres Bezirks sind Handwerkskammern zu errichten” in der von Kaiser Wilhelm II. verabschiedeten Gewerbeordnung. Ab 1900 wurden rund 71 Handwerkskammern gegründet, bereits Ende desselben Jahres kam es zum Zusammenschluss der Kammern zu einer Kammerorganisation.
Die Kammern ähneln in gewisser Weise den mittelalterlichen Handwerkszünften. Allerdings stellen die Handwerkskammern vor allem eine Interessenvertretung im Handwerk dar. Die Handwerkskammern strukturierten die Gegebenheiten im Handwerk, regelten das Lehrlingswesen weiter und bildeten Prüfungsausschüsse für die Gesellen- und Meisterprüfung der Handwerker. Außerdem sollten die Handwerkskammern die Interessen des Handwerks gegenüber Behörden vertreten und mit diesen in Kontakt stehen.
Zu den ersten Regelungen der Handwerkskammer gehörte die Einführung des kleinen Befähigungsnachweises im Jahr 1908, nach dem nur Handwerker mit bestandener Meisterprüfung zur Ausbildung von Gesellen berechtigt waren. Eine weitere wichtige Änderung der Regelungen im Handwerk kam im Jahr 1929 durch die sogenannte Handwerksnovelle zustande. Dadurch wurden die Handwerkskammern dazu verpflichtet, selbstständige Gewerbetreibende im Handwerk in ihrem Bezirk in der Handwerksrolle zu führen.
Ihre unabhängige Selbstverwaltung verloren die Handwerkskammern dann während der Zeit des Nationalsozialismus. Die Nationalsozialisten ersetzten Führungsmitglieder durch NSDAP-Angehörige. Letztlich kam es sogar zur Auflösung der Handwerkskammern. Erstmals auch eingeführt wurde in dieser Zeit, der große Befähigungsnachweis, wodurch eine Unterteilung des Handwerks in 72 Gewerbe mit 227 Gewerbearten erfolgte.
Übergang zur heutigen Handwerkskammer
Erst in der Nachkriegszeit mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurden wieder Handwerkskammern ins Leben gerufen. Durch die Gründung des Zentralverbands des deutschen Handwerks im Jahr 1949 wurden alle Handwerksorganisationen in einem Bundesverband eingeschlossen.
Zu diesen Handwerksorganisationen zählen unter anderem:
- Handwerkskammern
- Zentralfachverbände
- Genossenschaften
- berufsständische Versicherungen
- Handwerksinstitut
Im Jahr 1953 trat dann die neue Handwerksordnung in Kraft. Dadurch konnten zahlreiche bisher diskutierte Normen festgeschrieben und die Grundlage zur Gründung wirtschaftlich erfolgreicher Handwerksbetriebe geschaffen werden.
Die Handwerksordnung umfasste unter anderem folgende Regelungen.
- großer Befähigungsnachweis
- Bestätigung der Handwerkskammern als Selbstverwaltungskörperschaft
- Handwerkliche Berufsausbildung über drei Stufen: Lehrling, Geselle und Meister
- Festlegung von Innungsverbänden
- Mitwirkung von Gesellen in Handwerkskammern
Seit dem kam es immer wieder zur Novellierung der Handwerksordnung, die oben dargestellten Regelungen sind jedoch im Grunde auch heute noch im Handwerk zu finden.
Die Aufgaben der Handwerkskammern
Handwerkskammern existieren heute in vielen deutschen großen Städten und Landkreisen, unter anderem in Köln, Berlin, Hamburg und München. Sie stellen eine in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte Selbstverwaltungseinrichtung des gesamten Handwerks dar. Ihnen obliegt die Aufsicht über die verschiedenen Innungen und Kreishandwerkerschaften im jeweiligen Kammerbezirk. Zugehörig zur Handwerkskammer sind:
- Selbstständige Handwerker mit eigenem Handwerksbetrieb
- Gesellen
- Lehrlinge
- Arbeitnehmer mit abgeschlossener Berufsausbildung
Zusätzlich wird bei den Handwerksbetrieben noch in zulassungspflichtige und zulassungsfreie Handwerke unterschieden. Für die Handwerker besteht eine Pflichtmitgliedschaft in der Handwerkskammer. Im Gegenzug vertritt die Handwerkskammern die Interessen der Handwerker und bietet Unterstützung in verschiedenen Bereichen. Wer nicht in der Handwerksrolle eingetragen und somit keiner Handwerkskammer zugehörig ist, kann sich der Schwarzarbeit schuldig machen.
Zu den Hauptaufgaben der Handwerkskammer gehört:
- Eintrag der Handwerker in Handwerksrolle
- Regelung und Überwachung von Ausbildung und Prüfung im Handwerk
- Fortbildungen im Handwerk
- Hilfestellungen geben bei Problemen mit Behörden, Innungen, anderen Betrieben oder Auftraggebern durch eigene Schlichtungsstellen