Für die An- und Abfahrt zu einer Baustelle kann es eine Wegezeitentschädigung für Beschäftigte geben.

Wegezeitentschädigung im Baugewerbe

Bild: Medienzunft Berlin / stock.adobe.com

Wer im Baugewerbe arbeitet, muss häufig lange Arbeitswege zur Baustelle auf sich nehmen. Diese An- und Abfahrt zum Arbeitsort wird als Wegezeit bezeichnet und gilt nicht als Arbeitszeit, sie muss also dementsprechend in der Regel nicht vergütet werden. Seit Anfang 2023 können Mitarbeiter nach einer Neuregelung des Tarifvertrags im Bauhauptgewerbe jedoch eine sogenannte Wegezeitentschädigung von ihrem Baubetrieb erhalten. Dieser Tarifvertrag wurde nun vom Bundesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt. 

In diesem Beitrag erklären wir, was bei der Wegezeitentschädigung gilt und worauf Mitarbeiter und Betriebe dabei achten sollten. 

Was gilt als Wegezeit?

Im Allgemeinen bezeichnet die Wegezeit die An- und Abfahrt zur jeweiligen Baustelle – Was allerdings wirklich zur Wegezeit zählt, ist nicht immer ganz eindeutig. Entscheidend für die Unterscheidung ist, ob die Fahrzeit bereits zur Arbeitszeit gezählt wird oder nicht. Im Folgenden zwei Beispiele:   

  • Fahren die Mitarbeiter eines Baubetriebs gemeinsam vom Betrieb zur Baustelle und die Fahrt findet innerhalb der regulären Arbeitszeit statt, gilt sie nicht als Wegezeit. 
  • Beginnt die Arbeitszeit erst auf der Baustelle und nicht bereits während der Fahrt dorthin, liegt Wegezeit vor. 

Sofern die Fahrzeit zur Baustelle also nicht zur regulären Arbeitszeit zählt und dementsprechend nicht tariflich vergütet wird, können Mitarbeiter im Bauhauptgewerbe Anspruch auf die Wegezeitentschädigung haben. 

Welche Regelungen gelten seit 2023?

Zum Jahresbeginn 2023 wurde die Wegezeitentschädigung im Rahmen des Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) neu geregelt. Mit der Anpassung des Tarifvertrags wurden nun zum einen die Leistungen um einen Verpflegungszuschuss und eine Fahrtkostenabgeltung ergänzt und zum anderen die Bestimmungen zur Wegezeitentschädigung neu geregelt. 

Wegezeitentschädigung für Baustellen ohne tägliche Heimfahrt

Bei Baustellen, die für eine tägliche Heimfahrt zu weit entfernt sind, weshalb die  Arbeitnehmer dort übernachten, wird eine steuer- und sozialabgabenpflichtige Wegezeitentschädigung gezahlt. Allerdings kann die Entschädigung nur maximal zweimal pro Woche, also für jeweils eine Hin- und eine Rückfahrt pro Woche gezahlt werden. Je weiter die Baustelle vom Betrieb entfernt ist, desto höher fällt die Entschädigungssumme aus:

Entfernung zwischen Betrieb und BaustelleHöhe der Wegezeitentschädigung
75 bis 200 Kilometer9 Euro
201 bis 300 Kilometer18 Euro
301 bis 400 Kilometer27 Euro
Ab 400 Kilometer39 Euro
Ab 500 Kilometer1 Tag Freistellung pro Monat

Verpflegungszuschuss für Baustellen mit täglicher Heimfahrt

Fahren die Handwerker abends nach der Arbeit von der Baustelle wieder nach Hause, haben sie Anspruch auf einen Verpflegungszuschuss als Wegezeitentschädigung – sofern sie mindestens für acht Stunden nicht zuhause sind. Der Verpflegungszuschuss ist steuer- und sozialabgabenfrei. Die Höhe des Zuschusses ist dabei auch hier abhängig von der Entfernung zwischen Betrieb und Baustelle. Ist der Betrieb bis zu 50 Kilometer entfernt, beträgt der Verpflegungszuschuss 6 Euro pro Tag, bei einer Entfernung von 51 bis 75 Kilometer liegt er bei 7 Euro pro Tag und bei einer Entfernung von mehr als 75 Kilometer bei 8 Euro pro Tag. 

Für das Jahr 2024 sieht der Tarifvertrag eine Erhöhung der Zuschüsse um je einen Euro vor. 

Fahrtkostenabgeltung

Sofern der Arbeitnehmer für die An- und Abfahrt zur Baustelle ein eigenes Fahrzeug nutzt, kann er eine Fahrtkostenabgeltung erhalten. Der Zuschuss liegt bei 20 Cent pro gefahrenen Kilometer und ist auf eine Höhe von insgesamt 30 Euro pro Tag begrenzt. Falls statt eines eigenen Fahrzeugs öffentliche Verkehrsmittel für die An- und Abreise in Anspruch genommen werden, kann ebenfalls ein Zuschuss vom Betrieb gefordert werden. 

Info

Zur Ermittlung der Entfernung zwischen Betrieb und Baustelle muss die kürzeste, öffentlich zugängliche Strecke herangezogen werden. 

Was gilt bei der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen?

Das Tarifvertragsrecht sieht vor, dass einzelne Bundestarifverträge vom Bundesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Dadurch gelten die Bestimmungen des jeweils für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags entweder auf Bundes- oder Länderebene für alle Betriebe sowie deren Angestellte einer bestimmten Branche – in diesem Fall der Baubranche. Das Bundesarbeitsministerium hat den BRTV Bau rückwirkend zum Jahresbeginn für allgemeinverbindlich erklärt. Dementsprechend gilt die Wegezeitentschädigung für alle Baubetriebe – auch für solche, die sonst nicht tarifgebunden sind. 

Wer hat Anspruch auf Wegezeitentschädigung?

Die Wegezeitentschädigung kann von Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmern im Bau beansprucht werden, sofern sie auf wechselnden Baustellen arbeiten, dabei täglich mehr als 8 Stunden vom eigenen Zuhause entfernt sind und für die Fahrzeit keine tarifliche Vergütung erhalten. 

Der Bundesrahmentarif für das Baugewerbe (BRTV) nennt allerdings keine konkreten Gewerke, sondern sieht lediglich konkrete Tätigkeiten, für die ein Anspruch besteht, vor. Insgesamt werden mehr als 40 verschiedene Tätigkeiten aufgeführt. Laut Leitfaden des Soka Bau unterliegen anhand der benannten Tätigkeiten unter anderem die folgenden Gewerke den Regelungen des Tarifvertrags: 

Anhand der Tätigkeiten fallen noch weitere Berufe unter den Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe.

Gleichzeitig sieht der BRTV Bau auch vor, dass einige Baubetriebe von seinen Regelungen unter bestimmten Bedingungen ausgenommen bleiben, darunter beispielsweise die Dachdecker. Um Überschneidungen mit anderen Tarifverträgen zu vermeiden, gilt außerdem die sogenannte Große Einschränkungsklausel, die bestimmte Betriebe, die grundsätzlich den Regelungen von Bautarifverträgen unterworfen sind, von der Allgemeinverbindlichkeit befreit. 

Artikel teilen:

Aufträge gesucht? Jetzt Mitglied werden

Nach oben scrollen