Letzte Aktualisierung am 8. Juli 2024 von Henning Schreiber
„Der Glaube versetzt Berge“, heißt es üblicherweise. Doch im Harz versetzen Handwerker gerade eine komplette Kirche um mehr als fünf Kilometer.
Viele Wanderer kennen die Stabkirche Stiege. Sie befindet sich – inzwischen muss man schon sagen, befand – auf dem Gelände eines Lungensanatoriums in der Nähe der Ortschaft Stiege, zwischen Quedlinburg und Blankenburg/Harz.
Rund 100 Jahre stand sie dort und konnte von Wanderern bewundert werden. Entworfen wurde das Sakralgebäude im Stil der norwegischen Stabkirchen, Drachenköpfe inklusive. Ein skandinavischer Patient soll die Kirche aus Dankbarkeit gestiftet haben, weil er im Sanatorium von der Tuberkulose geeilt wurde. Im Mai 1905 wurde die Kirche geweiht.
Das Lungensanatorium wurde jedoch nach der Wende geschlossen. Damit verlor auch die Kirche an Bedeutung. Das Gotteshaus wurde zunehmend Opfer von Vandalismus, weshalb der Innenraum bereits 2011 verschlossen wurde.
Doch den Einwohnern von Stiege lag und liegt die Kirche am Herzen. Deshalb gründete sich im Dezember 2014 ein Förderverein zum Erhalt des Kirchengebäudes. Man fasste den Beschluss, die Kirche ab- und im Ort wieder aufzubauen.
Vom Schreiner bis zum Elektriker, vom Dachdecker bis zum Zimmermann, vom Maurer bis zum Dekorateur sind zahlreiche Gewerke und viele Handwerksbetriebe aus der Region an dem Projekt beteiligt. Im November 2020 begann man, die Kirche Stück für Stück abzubauen. In Einzelteilen wurde das Gotteshaus an den neuen Standort verbracht, wo es Stück für Stück wieder aufgebaut wird. Ein großes Puzzlespiel.
Steffen Behrens, gelernter Zimmermann, beaufsichtigt als Projektleiter im Namen der „Werkstätten für Denkmalpflege GmbH Quedlinburg“ die Bau- und Puzzlearbeiten. In unserer neuesten Podcast-Folge „Fit fürs Handwerk“ erklärt Steffen Behrens genauer, wie der Umzug einer kompletten Kirche abläuft.
Man ist optimistisch, dass die Kirche noch in diesem Sommer steht. Zum „Tag des offenen Denkmals“ im September soll das umgesetzte Gotteshaus begehbar sein. An ihrem neuen Standort in Stiege soll die Stabkirche unter dem Namen „Harzer Drachenkapelle“ zu einem Wahrzeichen der Region werden.