Ein neues BHG-Urteil stellt Unklarheiten beim Verbraucherbauvertrag richtig.

Verbraucherbauvertrag: Was bedeutet das BGH-Urteil für Handwerker?

Bild: N. Theiss / stock.adobe.com

Ein im März verabschiedetes Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) klärt nun die seit der Einführung des § 650i BGB mitunter umstrittene Frage, ob auch ein Verbraucherbauvertrag vorliegt, wenn bei einem Neubau einzelne Bauleistungen nur von einem einzigen Gewerk erbracht werden. Erfahren Sie in diesem Beitrag, was das Urteil besagt und welche Bedeutung das für Handwerker hat.

Was sind Verbraucherbauverträge?

Verbraucherbauverträge wurden mit der Einführung des § 650i BGB neu geschaffen. Die damalige Reform, die am 01.01.2018 in Kraft trat, sollte das teils komplizierte Bauvertragsrecht vereinfachen, Lücken schließen und die Rechte von privaten Bauherren stärken. Zuvor gab es im deutschen Baurecht kaum Verbraucherschutz. 

Ein Verbraucherbauvertrag kann lediglich bei größeren Baumaßnahmen, wie zum Beispiel der Errichtung eines neuen Hauses oder umfangreichen Umbaumaßnahmen im Bestand, vorliegen. Für kleinere Bauprojekte, wie beispielsweise die Errichtung eines Wintergartens oder eines Carports, greift dieser Vertragstyp nicht. 

Mit dem Verbraucherbauvertrag wird nach § 650i BGB ein Unternehmer, also zum Beispiel ein Handwerksunternehmen, von einem Verbraucher, also zum Beispiel einem Bauherren, zur Errichtung eines neuen Gebäudes oder größeren Umbaumaßnahmen verpflichtet. 

Welche Regelungen beinhaltet der Verbraucherbauvertrag?

Im Gegensatz zum allgemeinen Bauvertragsrecht enthält der Verbraucherbauvertrag folgende Regelungen: 

  • Der Verbraucherbauvertrag muss in schriftlicher Form geschlossen werden.
  • Zweiwöchiges Widerrufsrecht
  • Recht auf detaillierte Bauleistungsbeschreibung
  • Verbindliche Angabe zum Fertigstellungstermins des Bauwerks
  • Begrenzung von Abschlagszahlungen auf 90 Prozent der Gesamtkosten
  • Verpflichtung zur Aushändigung wichtiger Bauunterlagen

Grundsätzlich sind diese Regelungen des Verbraucherbauvertrags bindend. Lediglich in Bezug auf die Abschlagszahlungen sind gegebenenfalls individuelle Abweichungen möglich. 

Was hat der BGH entschieden?

In Bezug auf den Verbraucherbauvertrag war seit der Reform im Jahr 2018 bisher unklar, ob diese Vertragsart auch dann greifen kann, wenn im Zuge eines größeren Bauprojekts nur ein einzelnes Gewerk beauftragt wird. 

Mit dem Urteil vom 16. März 2023 hat der Bundesgerichtshof (BGH) diese Frage nun in Form eines Grundsatzurteils endgültig beantwortet: Dementsprechend liegen Verbraucherbauverträge nicht vor, wenn bei einem Neubau oder erheblichen Umbaumaßnahmen Bauleistungen einzeln vergeben, also jeweils einzelne Betriebe mit Bauleistungen beauftragt werden. Dementsprechend können private Bauherren nur dann von den Vorteilen eines Verbraucherbauvertrags profitieren, wenn ein einzelnes Bauunternehmen mit dem gesamten Bau eines Gebäudes beauftragt wird – Nicht aber, wenn die einzelnen Leistungen an verschiedene Handwerker beziehungsweise Handwerksbetriebe vergeben werden. 

Für diese Entscheidung gibt es laut BGH mehrere Gründe. Eines der Hauptargumente lässt sich bereits im Wortlaut des Gesetzes finden, denn dort ist von der Verpflichtung des Unternehmers zum Bau eines neuen Gebäudes die Rede, weshalb die Beauftragung jeweils einzelner Gewerke hier nicht dazugezählt werden kann. Des Weiteren spricht ein Gesetzesvergleich mit dem ebenfalls 2018 in Kraft getretenen § 650a BGB für diese Entscheidung, da hier ein maßgeblicher Unterschied zwischen den Regelungen vorliegt und davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber bewusst eine abweichende Formulierung gewählt hat. 

Was bedeutet das für Handwerker?

Grundsätzlich schafft das Urteil des BGH zunächst einmal Klarheit und Rechtssicherheit für Handwerker – Für Betriebe, die im Zuge eines größeren Bauprojekts nur einzelne Leistungen eines Gewerks erbringen, bringt das Urteil darüber hinaus jedoch auch einige Vorteile mit sich: Zunächst einmal sind sie, anders als beim Vorliegen eines Verbraucherbauvertrags, keine Verpflichtung vor, schon vor Abschluss des Vertrags eine detaillierte Baubeschreibung vorzulegen. Darüber hinaus sind die Handwerker beziehungsweise Unternehmer nicht dazu verpflichtet, ihre Auftraggeber über das Widerrufsrecht aufzuklären. Für das Widerrufsrecht gelten stattdessen die gängigen Regelungen.

Ein weiterer Vorteil für Handwerker, wenn kein Verbraucherbauvertrag vorliegt, ist die Möglichkeit eine Bauhandwerkersicherung zu fordern. Nach § 650f BGB können Handwerker dementsprechend eine Sicherheit, beispielsweise in Form von hinterlegtem Geld oder einer Bankbürgschaft, für ihren Werklohn verlangen. 

Hintergrund des BGH-Urteils

Das Urteil des Bundesgerichtshofes geht auf ein Verfahren zurück, das durch drei Instanzen gegangen ist. Der Kläger war in diesem Fall ein Handwerksunternehmen, das von einem Ehepaar mit Putzarbeiten im Innen- und Außenbereich eines Neubaus beauftragt wurde. Die Beklagten – das Ehepaar – vergaben Leistungen aus einzelnen Gewerken an verschiedene Handwerker. Zur Klage kam es, weil nur Teilleistungen, etwa zwei Drittel des vereinbarten Werklohns, auf die geforderten Abschlagsrechnungen durch das Ehepaar gezahlt wurden und diese sowohl die Zahlungsaufforderung des offenen Betrags als auch die anschließende Forderung eine Bauhandwerkersicherung zu stellen ignorierten. Eine Bauhandwerkersicherung kann jedoch nicht gefordert werden, wenn ein Verbraucherbauvertrag vorliegt. 

Dementsprechend ging es bei dem Verfahren entscheidend auch um die Frage, unter welchen Umständen ein Verbraucherbauvertrag faktisch vorliegt. Letztlich gab der Bundesgerichtshof dem Kläger Recht: Dementsprechend sei die Klage nicht nur berechtigt gewesen, dem Kläger hätte auch die Bauhandwerkersicherung zugestanden.

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