Interview mit Nachwuchstalent

Nachwuchstalent rät jungen Menschen zum Handwerkerberuf

Letzte Aktualisierung am 14. Februar 2020 von

Vom Faulpelz in der Schule zum aufstrebenden Fliesenleger – Jan Drexlmayer aus Hamburg war nicht nur Jahrgangsbester in seiner Ausbildung zum Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, sondern belegte auch Platz eins der Schleswig-Holsteinischen Meisterschaften im Fliesenlegen. Damit qualifizierte er sich für die Bundesmeisterschaften und sicherte sich den vierten Platz. Zurzeit besucht der 20-Jährige die Meisterschule am Elbcampus in Hamburg. Gründe genug, um mit Jan ins Gespräch zu kommen.

Im Blauarbeit-Interview erzählt uns der Fliesenleger wie man junge Menschen für einen handwerklichen Beruf motivieren kann, was Ausbildungsbetriebe tun können, damit Auszubildende ihre Ausbildung beenden, zu wem der Handwerksberuf generell passt und was Jan selbst antreibt “am Ball zu bleiben”.

Blauarbeit: Klassenclown, Faulpelz oder Streber? Wie lief es bei Dir in der Schule?

Jan: In der regulären Schulzeit definitiv Faulpelz! In der Ausbildung bin ich „aufgewacht“ und habe erkannt, dass sich Lernen lohnt. Streber war ich aber auf keinen Fall.

Blauarbeit: Wenn du Dich mit fünf Worten beschreiben solltest, welche wären das?

Jan: Ehrgeizig, zuverlässig, gut gelaunt, wissbegierig… mir fällt nicht mehr ein, reichen auch vier?

Blauarbeit: Was hat Dich motiviert, Fliesenleger zu werden? Wie kam es dann zur Entscheidung?

Jan: Das war anfangs eher eine Zufallsentscheidung. Eine Ausbildung sollte es sein und eine im Handwerk war für mich damals die einzige Option. Die Entscheidung habe ich bis heute nicht bereut. 

Blauarbeit: Wenn Dein Plan Fliesenleger zu werden, nicht in Erfüllung gegangen wäre, was wäre dann Deine Alternative?

Jan: Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Aus heutiger Sicht würde ich gern den kaufmännischen Bereich mit einbeziehen. Eine Mischung aus Handwerk und kaufmännisch fände ich super.

Blauarbeit: In welchem Betrieb hast Du Deine Ausbildung absolviert und warum?

Jan: Ich habe bei Fliesen Sass in Geesthacht gelernt. Die Nähe zu meinem Wohnort war ausschlaggebend und ich hatte hier schon zwei Praktika absolviert. 

Blauarbeit: Welchen guten Rat würdest Du Berufseinsteigern vor dem Start im Handwerk geben?

Jan: Ich empfehle allen, ein Praktikum oder mehrere Praktika zu absolvieren, um einen Einblick zu bekommen und zu entscheiden, ob ein Beruf im Handwerk das Richtige ist. Man sollte sich auch online über potenzielle Arbeitgeber und mögliche Berufe informieren. 

Gut zu wissen: Der Vorsitzende der IG Bauen-Agrar-Umwelt Dietmar Schäfers hat sich dafür ausgesprochen, handwerkliche Berufe auf weiterführenden Schulen stärker zu bewerben, da immer mehr unbesetzte Stellen im Handwerk ein Problem darstellen. Er schlägt  vor, mehr Pflichtpraktika während der Schulzeit anzubieten. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Chefs der vier größten Wirtschaftsverbände lehnten die Forderung beim Münchener Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft ab. „Praktische Erfahrung kann ein Beitrag sein, aber es muss nicht immer gleich alles flächendeckend verpflichtend gemacht werden“, so Merkel. Einig waren sich jedoch alle, das Fachkräftezuwanderungsgesetz so schnellstmöglich zu beschließen.

Blauarbeit: Wie qualifiziert man sich zu den Meisterschaften im Bereich Handwerk – in Deinem Fall zu den Schleswig-Holsteinischen Meisterschaften als Fliesenleger?

Jan: Man qualifiziert sich als Bester in seinem Jahrgang in der jeweiligen Innung. Man muss sowohl praktisch als auch theoretisch am besten abgeschlossen haben. Auch darf keine Note in den Abschlussprüfungen schlechter als die Note 2 sein. 

Blauarbeit: Welche Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegsformen bieten sich für Dich?

Jan: Wenn ich den Meister in der Tasche habe, möchte ich mich – wie eben bereits erwähnt – auch im kaufmännischen Bereich weiterbilden, um dann gegebenenfalls in die Bauleitung zu gehen. 

Gut zu wissen: Warum sich eine Ausbildung zum Handwerk lohnt? Die Ausbildung schließt in der Regel mit der Gesellenprüfung ab und mit steigender praktischer Erfahrung im Beruf lässt sich daran auch eine Meisterprüfung anschließen, um Handwerksmeister zu werden. Das baut die Karrieremöglichkeiten weiter aus und beeinflusst das Gehalt positiv. Eine abgeschlossene Ausbildung im Handwerk mit anschließender Meisterprüfung verschafft einem also auch Sicherheit vor der Arbeitslosigkeit. Durch zahlreiche Fortbildungs- und Spezialisierungsmöglichkeiten kann man darüber hinaus noch zum Experten für bestimmte Bereiche werden und sich so zusätzliche Qualifikationen verschaffen.

Blauarbeit: Welche Voraussetzungen musstest Du erfüllen, um den Meister am Elbcampus zu absolvieren?

Jan: Ich habe durch meine Teilnahme an den Landesmeisterschaften ein Stipendium für eine Weiterbildung erhalten. Dieses habe ich für die Meisterschule genutzt. Durch meinen jetzigen Arbeitgeber, der Göttling Fliesentechnik GmbH, wurde es mir ermöglicht, die Meisterschule in Vollzeit bei voller Bezahlung zu absolvieren. Darüber bin ich sehr froh. 

Blauarbeit: Hast Du schon Pläne nach der Meisterprüfung? 

Jan: Wie schon gesagt, möchte ich mich kontinuierlich weiterbilden, aber auf jeden Fall nach der Meisterschule erst einmal Berufserfahrung als Fliesenleger sammeln.

Blauarbeit: Ziehst Du in Erwägung, Dich irgendwann selbstständig zu machen?

Jan: Im Moment nicht, ich fühle mich sehr wohl bei meinem jetzigen Arbeitgeber und ich bin ja auch noch sehr jung. 

Blauarbeit: Ob Fliesenleger, Maler und Lackierer oder Tischler oder oder oder – Für wen eignet sich der handwerkliche Beruf überhaupt? Was sollte man Deiner Meinung nach mitbringen?

Jan: Man sollte an körperlicher Arbeit Spaß haben, nicht scheuen, sich auch einmal schmutzig zu machen und Freude daran haben, mit den eigenen Händen etwas zu „erschaffen“. Auch am Umgang mit Menschen sollte man Freude haben. Man hat mit ganz unterschiedlichen Menschen zu tun. 

Gut zu wissen: Im Handwerk sind deutschlandweit im Jahr 2019 laut Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) rund 30.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Viele Handwerksbetriebe setzen vor allem auf Nachwuchs, um dem Fachkräftemangel im Handwerk entgegen zu wirken. Insgesamt bleibt die Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze dabei auf einem ähnlichen Niveau wie im letzten Jahr.

Blauarbeit: Wenn du Dich für einen Betrieb nach dem Meister entscheiden würdest, worauf würdest Du bei der Wahl beziehungsweise bei der Entscheidung eines Unternehmens achten?

Jan: Meine Wahl habe ich schon getroffen. Ich werde auf jeden Fall weiter bei der Göttling Fliesentechnik GmbH arbeiten. Hier stimmt das Gesamtpaket, ich habe einen tollen Chef, nette Kollegen und die Konditionen passen auch. Außerdem möchte ich mich natürlich in der Firma einbringen und etwas zurückgeben.

Blauarbeit: Was könnten/sollten Ausbildungsbetriebe tun, damit Berufseinsteiger ihre Ausbildung auch beenden?

Jan: Eine vernünftige Betreuung des Auszubildenden durch den Chef und die Kollegen, Lob und Anerkennung der Leistungen und stetige Motivation helfen, am Ball zu bleiben. Es sollte vermittelt werden, dass sich eine Ausbildung im Handwerk lohnt.

Blauarbeit: Wie könnte man junge Menschen mehr motivieren, sich für einen handwerklichen Beruf zu entscheiden?

Jan: Es müssen nicht alle Jugendliche studieren. Wenn die schulischen Leistungen eher im Mittelfeld liegen, ist ein Beruf im Handwerk eine Option. Man sollte nicht unbedingt dem Druck der Gesellschaft und gegebenenfalls der Eltern nachgehen, wenn man sich einen handwerklichen Beruf vorstellen kann. Ein Beruf im Handwerk ist eine solide Grundlage und ist viel mehr, als die meisten sich vorstellen. Das muss in die Köpfe der jungen Menschen. 

Blauarbeit: Was meinst Du, was können einzelne Handwerksunternehmen tun, damit sich mehr junge Menschen für einen Handwerksberuf entscheiden?

Jan: Handwerksunternehmen sollten sich zum Beispiel in Schulen präsentieren, die Berufe vorstellen, in den sozialen Netzwerken vertreten sein und sich grundsätzlich als Arbeitgeber attraktiv machen (Weiterbildung, Aufstiegschancen, Altersvorsorge etc.).

Info: Um auf offene Lehrstellen hinzuweisen, bieten viele Schulen ihren Schülern Berufsinformationstage zur Orientierung für die Zeit nach dem Abschluss. Denn viele Schüler wissen nicht wirklich sofort, was sie mit ihrem Leben nach der Schule anfangen wollen. Meist kann man sich bei diesen Berufsinformationstagen bereits engagieren und ebenfalls an die Schulen gehen. Dort kann man über den eigenen Beruf informieren und die damit verbundenen Chancen aufzeigen.

Blauarbeit: Wenn Du nochmal komplett von vorne anfangen müsstest, würdest Du Dich noch immer für den Beruf als Fliesenleger entschließen?

Jan: Auf jeden Fall!

Blauarbeit: Jan, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für unser Interview genommen hast. Wir wünschen Dir für Deine beruflichen wie privaten Ziele alles Gute!

Bilderquelle: Katrin Göttling von Göttling Fliesentechnik GmbH aus Hamburg

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